Tango in Irkutsk

Tango in Irkutsk

Ein Wetter zum Heldenzeugen, so heißt das in Irkutsk, wenn sich der Himmel blau und gläsern über das Zarendenkmal wölbt. Wenn die Sonne die Kuppeln der Kasaner Kirche wie golden flirrende Luftblasen aufsteigen lässt und den russischgrünen Bahnhof zum Leuchten bringt. Wenn ein kühler Wind vom Fluss über den Gagarin-Boulevard weht, über leere Popkorntüten und über Männer hinweg, die sehnsuchtsvoll den Mädchen nachblicken, wie sie auf Zwölfzentimeterabsätzen am Ufer der Angara entlang stöckeln. Männer, an deren Handgelenken Täschchen baumeln und deren Hemden so steif gebügelt sind, dass die Ärmel wie kleine Flügel abstehen.

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Es ist der Tag des Bauarbeiters. Eigentlich soll unter dem Zarendenkmal ab fünf Uhr nachmittags Tango getanzt werden, so wie jeden Sonntag im Sommer, gleichgültig, ob des Elektrikers oder des Traktoristen gedacht wird. Tango, Walzer, Rumba – Hauptsache, es regnet nicht. Jetzt ist es halb fünf; eine senkrecht stehende Sonne brennt auf Zar Alexander III., dem man nicht ansieht, dass ihn Rotgardisten 1920 vom Sockel stürzten, auf alte Frauen, die Sonnenblumenkerne verkaufen, aber von Tangotänzern ist nichts zu sehen. Der Betreiber der Dixi-Klos zählt sein Geld, und vor dem Denkmal posiert ein Brautpaar für den Fotografen. Die Trauzeugen verteilen warmen Krimsekt in Plastikbechern an die Verwandten, und in einer Ecke des Platzes verdient ein Mädchen ein paar Kopeken mit einem Fahrrad, dessen Lenker falsch herum montiert ist: Seit Stunden mühen sich vier Männer ebenso halsstarrig wie vergeblich, mit diesem Fahrrad über eine mit Kreide gezogene Linie zu fahren, um eine Flasche Bier zu gewinnen.

Keine Spur einer Bühne. Keine Musik. Keine Tänzer im blendend hellen Mittagslicht. Im sibirischen Sommer bewegt sich die Sonne nicht vom Fleck. Um schließlich umstandslos vom Himmel zu fallen, ohne dies auch nur mit einem Hauch von Dämmerung anzukündigen. Um fünf Minuten vor fünf allerdings fährt ein verbeulter Opelkombi vor – der ein Blasorchester samt Dirigenten auf die Wiese vor dem Zarendenkmal spuckt.

Als die Musiker ihre Instrumente auspacken, Trompeten, Tuba, Klarinetten, Schlagzeug, tauchen aus dem Nichts die Tänzer auf, als hätten sie sich in den Büschen versteckt. Frisch gebügelte Spitzenblusen duften nach Lavendel, Tigermuster umschmeicheln mächtige Hüften, und die Volants gepunkteter Röcke schwingen. Es riecht nach Puder und nach Parfüm. Nach Haarspray. Und nach alter, trockener Haut.

Kein Wimpernschlag vergeht, und schon ist der Platz gefüllt. Die einsamen Herzen von Irkutsk tanzen auf hohen Absätzen. Es sind Rentnerinnen, Großmütter, Witwen. Auf ihren Gesichtern liegt ein schüchternes Jungmädchenlächeln. Als hätten sie noch nie den Tod gefürchtet, noch nie eine Liebe zu Grabe getragen; ganz so, als läge das Leben noch vor ihnen, voller Verheißung.

Anmutig hängen die Damen ihre Handtaschen in die Armbeuge und spreizen ihre Finger ab wie indische Tempeltänzerinnen. Großmütig blicken die Damen darüber hinweg, wenn ihre Tanzpartner auf der Stelle scharren, wie elektrisiert zappeln oder Bocksprünge vollziehen, diese Männer mit Karohemden und roten Nasen. Man kann es sich hier nicht leisten, wählerisch zu sein. Auf zehn Frauen kommt ein Mann.

Die Männer sterben weg, sie trinken zu viel starken Tee, sagt Galina Iwanowna Zerlikowa. Mit ihren Freundinnen Ludmila Igorewna und Valentina Wassiliewna gehört sie zu den Primadonnen des Tanztees von Irkutsk, zu jenen, die keinen Tanz auslassen. Denn natürlich gibt es auch unter dem Zarendenkmal ein paar Mauerblümchen, Aschenbrödel, Sitzenbleiberinnen. Von denen sich Galina stets so fern hält, als litten sie unter einer ansteckenden Krankheit.

Mit ihrem himmelblauen Lidschatten, den hochgesteckten weißblonden Haaren, kleinen Rougeflecken auf den Wangen und dem türkisfarbenen Kleid sieht sie aus wie eine Rokokodame, die soeben einer Pralinenschachtel entstiegen ist, mit rotem Herzmund im weiß gepuderten Gesicht. Ihre Freundin Ludmila ist blond, braungebrannt und hat türkisfarbene Augen, in die jeder Mann sofort versinken möchte.

Zuletzt erwischte es Boris, einen stattlichen Herrn, der selbst beim Tanzen seinen Cowboyhut nicht ablegt. Boris machte Ludmila einen Heiratsantrag, den Ludmila ausschlug, und das, obwohl Boris durchaus eine begehrte Partie darstellt, denn er ist Arzt. Flüstert Galina. Und fügt hinzu, dass Boris die Frauen wie Handschuhe wechsele; selbst Valentina habe eine kurze Beziehung mit Boris gehabt, die allerdings nur so lange währte, bis Wolodja in Valentinas Leben getreten sei, der wiederum von Nikolai abgelöst wurde. Ihre große Liebe. Und das nach 40 Jahren Ehe.

Valentina ist eine, die in Hosen tanzt. Was unter dem Zarendenkmal als gewagt gilt. Und sie geizt nicht mit ihrem Dekolleté. Und mit blondem Engelshaar. Eine Perücke zwar, aber hüftlang. Valentina saß mit Galina auf der Bank, als Nikolai auftauchte. Schau mal, ein neuer Mann, sagte Valentina. Und forderte ihn auf, bevor eine andere auf die Idee kommen konnte. Sein Aussehen sei ihr aufgefallen, sagt Valentina: Er hat noch alle Zähne! Und dunkle Haare! Er hat noch alles, und alles funktioniert einwandfrei!

Was Nikolais Funktionstüchtigkeit betrifft, so stellte Valentina diese unverzüglich auf die Probe. Wofür sie noch heute von Galina gerügt wird, weil es sich für eine Dame nicht schickt, den Herrn gleich nach dem ersten Rendezvous zu fragen, ob er bei ihr übernachten wolle. Aber Valentina sagt nur verträumt: Ach, ich hätte nie gedacht, dass mich noch einmal ein Mann erobern könnte!

Nikolai behauptet, von der Existenz des Tanztees nicht gewusst zu haben: Ich hatte eine Familie, ich hatte eine Datscha, ich hatte jedes Jahr 40 Eimer Gurken und Tomaten, ich habe nie daran gedacht zu tanzen!, sagt er. Aber dann starb seine Frau und plötzlich machten ihm die Sonntagnachmittage Angst. Und so lief er den Gagarin-Boulevard entlang. Bis er Valentina traf. Nach ihrer ersten Nacht schenkte er ihr eine Rose. Sie blieb drei Wochen lang frisch.

Der Moderator läuft mit Mikrophon durch die Menge der Tanzenden, er ist einer der Begehrtesten hier. Ein schöner Mann, mit kantigem Kinn, hohen Wangenknochen und vollem Haar: Leider schon vergeben.

Wer hat die erste Goldmedaille für Russland gewonnen?, ruft Igor in sein Mikrophon. Das Ratespiel soll den gesellschaftlichen Nutzen des Tanztees steigern; wer eine richtige Antwort weiß, gewinnt eine Schachtel Pralinen. Welcher Baustoff wird schon seit dem achten Jahrhundert benutzt?

Die wenigen Männer sind sofort vergriffen. Auf einer Bank sitzt nur noch ein Veteran mit dekorierter Ordensbrust und steifem Bein. Mit seinem Stock schlägt er den Takt und singt mit, als die russische Schönheit gepriesen wird, jene, die wie ein Schwan über den See gleitet. Die Seele singt, und das hält mich am Leben, sagt der Veteran, entblößt seine Goldzähne und blickt Valentina ins Dekolleté. Keine der Damen hat sich vom Alter die Weiblichkeit rauben lassen. Auch wenn manche etwas streng nach Knoblauch riechen. Aber was tut man nicht alles für die Gesundheit! Seit wann existiert Stahlbetonbau?

Galina traf unter dem Zarendenkmal auf Eduard Michailowitsch Anissimow, ein pensionierter Ingenieur, ein eleganter Herr. Er trägt einen von feinen Silberfäden durchzogenen Strohhut. Es war der Wind, der mich hier hin geweht hat!, sagt Eduard und blickt zärtlich auf Galina, die ihm das Kinn krault, wie man es bei einem Hund zu tun pflegt. Eduard saß damals auf der Bank, und Galina forderte ihn zum Walzer auf: Ich habe kein Problem, aufzufordern!, sagt Galina. Sie hat nicht einmal vor Amerikanern oder Japanern zurückgeschreckt, Touristen auf der Durchreise mit der Transsibirischen Eisenbahn. Aber das war natürlich, bevor ich dich kennenlernte, schnurrt Galina, und Eduard sagt: Ich hatte noch nie so eine Frau.

Seit wann feiert man den Tag des Bauarbeiters? Und Tusch. Die Tanzpause wird von einem Akkordeonspieler bestritten, der sofort von Frauen umringt ist, und sie singen etwas zu hoch und sehr bewegt „Katjuscha“, das Soldatenlied: Ach, du kleines Lied, 
fliege hinter der Sonne her 
und bringe dem Krieger im fernen fremden Land 
von Katjuscha einen Gruß.

Lass sie singen, zischt Valentina und zieht Nikolai zu der Bank am Bauzaun, ihrem Stammplatz zwischen Sandhaufen und Sauerampfer, wo sie in der Pause immer etwas Wodka trinken. Wodka schmeckt am besten, wenn man ihn unter unhygienischen Bedingungen und mit Angst vor der Polizei trinkt!, ruft Eduard. Galina zieht aus ihrer Handtasche ein Geschirrhandtuch hervor, fingerhutgroße, silberne Schnapsbecher, Piroggen mit Huhn und eingelegte Gurken. Für den Wodka ist Valentina zuständig, denn sie hat 40 Jahre in der Wodkafabrik „Baikal-Zeder“ gearbeitet – und das, ohne zur Alkoholikerin zu werden!, wie sie stolz hinzufügt. Galina schenkt den Wodka aus, hebt den silbernen Fingerhut und ruft: Auf die, die uns nicht wollten! Auf die, die uns nicht gekriegt haben! Eduard flüstert: Auf deine Augen! Und auf deinen Mund!

Heute tanzen sie zum ersten Mal wieder unter dem Zarendenkmal, nach einem Monat schlechten Wetters. Einen Monat, den Nikolai und Valentina in ihrer Plattenbauwohnung am Rande von Irkutsk verbracht haben, im Wohnzimmer hinter rosa Spitzengardinen sitzend, zwischen der Tiefkühltruhe und der Schrankwand mit den Kristallgläsern. Vor den Fotos von Valentinas Silberhochzeit, als ihre Kolleginnen von der „Baikal-Zeder“ in kleingeblümten Kittelschürzen gratulierten, ihre Enkeltochter ein Gedicht vortrug und Valentina mit ihrem Mann am Grabmal der Toten des Zweiten Weltkriegs den Hochzeitsblumenstrauß niederlegte, vor der rauschenden Gasflamme, so wie es sich noch heute gehört bei jedem Familienfest. Daneben steht ein Foto von der Beerdigung ihres Mannes.

Er starb vor acht Jahren, er wurde erschossen, man wollte sein Auto stehlen, und er hatte sich gewehrt. Seine Leiche wurde erst Wochen später im Angara-Stausee gefunden. Die beiden Mörder wurden zu 15 Jahren Haft verurteilt. Einer hat sogar einen Abschluss an der Universität gemacht, sagt Valentina. Wenn sie über den Mord an ihrem Mann spricht, streicht ihr Nikolai wie einem Kind über den Kopf.

Manchmal wünschen sich Valentina und Nikolai den Kommunismus zurück. Weil sie da jung waren. Weil sie sich sicher fühlten. Und weil sie sich erlauben konnten, in Urlaub zu fahren, der Arbeitgeber zahlte 70 Prozent der Kosten. Nikolai war Maschinenbauingenieur, er baute nebenbei Datschen, er kam mit den Aufträgen kaum nach. Und heute kauft man sich die Fertighäuser aus dem Katalog.

Nach seiner Pensionierung hat Nikolai noch eine Zeit als Nachtwächter gearbeitet, bis ihn zwei Einbrecher überfielen. Er überlebte mit Schädelbasisbruch und der Angst vor der Dunkelheit. Die er erst verlor, als er Valentina kennenlernte. Denn ihre Augen sind so schlecht, dass sie sich nicht mehr traut, das Haus ohne Nikolai zu verlassen. Manchmal tanzen sie auch zu Hause, zwischen der Gefriertruhe und der Schrankwand. Die Musik kommt vom Kassettenrekorder. Zwischen zwei Tänzen lackiert Nikolai Valentina die Fingernägel.

Von Zeit zu Zeit besichtigen sie den russischen Wohlstand wie eine Kunstausstellung. Dann schlendern sie an den Boutiquen der Karl-Marx-Straße vorbei, wo italienische Dessous für 100 Euro das Stück angeboten werden: Dreiviertel von Valentinas Rente für eine Unterhose! Auf den Balkons tanzen Mädchen in BH und Minirock, über den Vuitton-Armani-Hilfinger-Schriftzügen, Mädchen, die sich im Takt der Musik aufbäumen und die Haare zurück werfen, Mädchen, die ihre Beine spreizen und die Busen über das Geländer hängen. Obwohl niemand hinschaut, außer Nikolai und Valentina, und ein paar Touristen vielleicht. Alle anderen blicken stets so ausdruckslos wie die Models auf Fashion-TV, und sie würden selbst dann den neutralen Gesichtsausdruck beibehalten, wenn eines der Mädchen vom Balkon fiele.

Igor, der Moderator, ruft: Wie hieß der erste sowjetische Olympiasieger? Ertappt wischen sich alle die Krümel aus den Mundwinkeln, und Galina beeilt sich, die silbernen Fingerhüte in ihrer Handtasche zu verstecken. Die Flasche Wodka ist fast leer, beim Tanzen geraten Valentina und Nikolai etwas aus dem Rhythmus. Galina versucht, Eduard neue Schritte beizubringen, Kreuzschritt vorwärts, jetzt ein Rechtskreiselschritt! Am liebsten tanzen sie Foxtrott. Weil der früher, in Sowjetzeiten, verboten war, so wie Rock’n Roll auch: westliche Vulgärtänze. Von deren Verwerflichkeit einige der auf der Bank sitzenden Frauen heute noch überzeugt sind. Sie blicken streng wie Eiskunstlauf-Jurorinnen auf die wenigen Männer. Bis eine sagt: Ich will nicht so einen alten Mann. Was soll eine Frau mit einem alten Mann anfangen?

Allerdings würden weder Galina noch Valentina ihre Männer anderen Frauen zum Tanzen überlassen. Nicht mal Ludmila, Freundschaft hin oder her. Alle wissen, dass du vergeben bist, sagt Galina zu Eduard. Umgekehrt dürfen Galina und Valentina untreu werden. Galina tanzt auch gerne mit Ludmila, besonders Walzer, weil Eduard den bis vor kurzem nur mit zwei Drehungen beherrschte. Die dritte hat ihm Galina beigebracht, zu Hause. Wenn sie dort üben, legt Eduard Tangomusik von Oskar Strock auf, Musik aus den 1930er Jahren, die Aufnahme knistert wie ein Holzfeuer. Die Platte des osteuropäischen Tangokönigs ist für Eduard das einzige Relikt seines Judentums, sagt er. Aber dass man ihn an der Hochschule als „Judengesicht“ schmähte, vergißt er nie.

Einmal sind sie beim Tango fast gegen das Aquarium gefallen. Denn Eduards Wohnung ist sehr klein, ein Zimmer mit einer winzigen Veranda. Darin stapeln sich Aquarien – Eduard ist seit 40 Jahren Aquarianer – und Gemüse von seiner Datscha, rekordverdächtig dicke Zucchini, Kürbisse, Gurken. Eduard muss geduldig warten, bis Galina seine Einladungen annimmt, etwa zu Pastete aus frischem Baikal-Fisch, zu süßem Wein. Oder zu einem Igel aus Leberpastete, gefolgt von Buttercremetorte. Eduard ist der erste Mann in meinem Leben, der kochen kann, sagt Galina. Und tupft Küsse auf ihre Fingerspitzen.

Sie ist eine viel beschäftigte Frau, für jeden Tanztee näht sie sich ein neues Kleid. Seit 21 Jahren ist Galina Witwe und lebt allein. Aber keinen Augenblick hat sie sich gehen gelassen, obwohl es nicht einfach war! Sie schminkt sich selbst dann, wenn sie nur zur Mülltonne muss. Und sie hat immer noch ihr eigenes Haar, das ihr bis zum Hintern reicht, wenn sie es kämmt. Sie weiß, wie wichtig das Aussehen für eine Frau ist; schließlich hat sie ihr Leben lang als Telefonistin gearbeitet.

Das Orchester spielt einen Tango, und Galina singt: Zwei dunkle Augen schau’n mich an. Bis heute ist es komisch für mich, zu singen, sagt sie. Denn mein Vater weinte immer, wenn er meiner Schwester und mir zuhörte.

Galinas Vater war KGB-Mann, bis er während der Stalinzeit in Ungnade fiel und zehn Jahre lang nach Sibirien verbannt wurde. Sie war zwei Jahre alt, als er verschwand, als er zurückkehrte, erkannte sie ihn nicht. Er weinte, wenn seine Töchter sangen, weil Musik ihn an seine Einzelzelle erinnerte: Sie war so klein, dass er darin nur stehen konnte, und rund um die Uhr wurde Musik gespielt.

Später wurde der Vater rehabilitiert. Und heute werden die Angehörigen jedes Jahr am 30. Oktober in die Philharmonie eingeladen, zum Konzert für die Rehabilitierten. Und am Ende bekommen alle eine Tüte mit Plätzchen und Schokolade geschenkt.

In welchem Jahr wurde das erste Kollektivhaus gebaut?, ruft Igor. Inzwischen ist der Tanztee an einem weiteren Höhepunkt angelangt: die Wahl des besten Tanzpaares. Zwei Frauen in Blumenkleidern und mit gehäkelten Sommerhüten werden von Igor als Jurorinnen ausgewählt. Sie prämieren ein Paar, das alle Tänze mit heiligem Ernst tanzt, ganz so würde unter dem Zarendenkmal ein Turnier ausgetragen. Galina und Valentina applaudieren verhalten. Galina sagt: Na ja. Und Valentina sagt: Tss.

Um zehn Minuten vor sieben packen die Musiker die Instrumente ein. Igor kündigt an, dass am kommenden Sonntag der Tag der russischen Flagge begangen wird. Die Musik kommt jetzt vom Band – Edith Piaf singt Padam, Padam, und alle bewegen sich wie entfesselt, ohne Rücksicht auf Kreuzschritte und Rechtsseitswärtsdrehungen. Eduard gibt einen Kasatschok, er wirft die Beine von sich, als gäbe es kein Morgen, Galina tanzt Ringelreihen mit ihren Freundinnen, und die Sonne hat sich noch nicht vom Fleck gerührt. Das allerletzte Lied ist immer La Paloma. Das Zeichen für den Abschied.

Wind kommt auf, und Eduard nimmt Galina in den Arm. Wenn du mich verlässt, dann sterbe ich.

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