Hier ein Audio-Mitschnitt der Podiumsdiskussion „20 Jahre Attentate auf Falcone und Borsellino“ in Stuttgart, an der unter anderem der Bruder von Paolo Borsellino anwesend war: Salvatore Borsellino, Begründer der Antimafia-Bewegung „Agende Rosse“, die diesen Namen in Anspielung auf Paolo Borsellinos roten Taschenkalender trägt, in dem er sich Notizen machte und Verabredungen eintrug. Es gibt ein Foto von dem Carabiniere, der Borsellinos Aktentasche an den noch rauchenden Autowracks vorbeiträgt. Von diesem Tag an blieb der rote Kalender verschwunden – und wurde zur Metapher für die Verbindungen zwischen Politik und Mafia. Für Salvatore Borsellino war es das erste Mal, dass er in Deutschland an die Ermordung seines Bruders erinnert hat.
Mit ihm war der Antimafia-Staatsanwalt Antonio Ingroia aus Palermo gekommen. Ingroia ist ein einstiger „giudice-ragazzo“, einer der sogenannten „Richterjungs“, wie die jungen Staatsanwälte Ende der 1980er Jahre genannt wurden, die mit großen Engagement den Kampf gegen die Mafia in Sizilien aufnahmen. Ingroia war ein Zögling von Borsellino und hat viele aufsehenerregende Mafia-Prozesse geführt, darunter gegen den ehemaligen Geheimagenten Bruno Contrada oder gegen Marcello Dell’Utri, die rechte Hand von Berlusconi. Zur Zeit führt Antonio Ingroia die Ermittlungen über die Hintergründe der sogenannten „Trattativa“, den Verhandlungen zwischen Staat und Mafia Anfang der 1990er Jahre.
Auf deutscher Seite saß der Stuttgarter Oberstaatsanwalt Helmut Krombacher, der auf eine lange Erfahrung als Ermittler von Mafia-Delikten zurückblicken kann und der Polizist Anton Hönig vom LKA Stuttgart. Krombacher hat schon in den 1980er Jahren gegen die Mafia in Stuttgart ermittelt – die damals noch, wie er so schön ausdrückte, von den Ermittlern als „Hühnermafia“ betrachtet wurde.