Und wie leben Sie so in Venedig?, fragte Frank A. Meyer, seines Zeichens Chefpublizist des Schweizer Pressehauses Ringier. Ganz gut, sagte ich – weil die Lebenserfahrung mich gelehrt hat, dass auf diese unverfänglich klingende Frage entweder ein Venedig-Delirium folgt oder ein Venedig-Bashing. Dazwischen gibt es nichts.
Vermutlich leben Sie so wie Mickey Mouse in Disneyland, stellte er fest. Schönes Bild, sagte ich. Und während ich mir das Gewicht der riesigen Mickey-Mouse-Ohren vorzustellen versuchte und dachte, dass man unter der Mickey-Mouse-Maske sicher schnell zu schwitzen beginnt und auch leicht vornüber kippt, wenn man den schweren Mickey-Mouse-Kopf nur etwas neigt, erzählte er, dass er nicht mehr nach Venedig reise, weil es ihm zu teuer geworden sei, man würde schlechterdings beraubt, und das lasse er sich nicht mehr gefallen.
Wenn man in Venedig lebt, ist man mit zwei Flüchen geschlagen: Dass man sich nie über Venedig beklagen darf, weil man sonst als undankbar, verzogen und abnorm gilt. Und dass sich alle über Venedig beklagen, sobald sie wissen, dass man in Venedig lebt.