Ich liebe es, Filme zu sehen, über die ich nichts oder wenig weiß. Macht der Film etwas mit mir oder nicht? Wenn ein Film ins Kino kommt, und das Gleiche gilt für Bücher, ist man oft schon voreingenommen. Es gab Kritiken („Waaas? Dings hat den Roman gelobt? Dann kann es ja nichts sein“), die beste Freundin liebte den Film/das Buch, die Clique, zu der man zugehören will, fand den Roman/den Film grottenschlecht – auch wenn man das (so wie ich) natürlich abstreiten würde: Man lässt sich beeinflussen.
Hier aber weiß ich nicht mehr als die paar Stichwörter, die mir meine Kritikerfreundinnen zugeworfen haben, bei „The Light between Ocean“ waren es: Liebesgeschichte, 19. Jahrhundert, Krieg und: „Kannst schon mal die Taschentücher einpacken.“
Ok, an einer Stelle habe ich eine Anstandsträne abgedrückt. Aber ansonsten: niente. The light between Oceans wirkte auf mich wie ein zwei Stunden langer Werbespot für Irisch Moos oder Jever-Bier: Vom Krieg traumatisierter Mann will der Welt entsagen und geht als Leuchtturmwärter auf eine Insel. Der Leuchtturmwärter ist Michael Fassbender, was meine Kritikerfreundinnen in diesem bestimmten Tonfall sagten, der mal Robert Redford vorbehalten war. Und dann verliebt er sich natürlich. Also wieder eine Liebesgeschichte. Wogegen ja nichts spricht. Ich war gespannt, zu sehen, wie es gelöst wird, das Problem mit den Hürden zwischen den Liebenden, denn sonst macht eine Liebesgeschichte keinen Sinn. In the „Light between Oceans“ ging es ruckizucki, girl meets boy, sie lächelt ihn an, sein Kinn zittert leicht, Füllfederhalter knirschen über Büttenpapier, und schon ist sie schwanger – dann aber wurde es zäh, weil Fehlgeburt und die Frau unbedingt ein Kind kriegen musste, was sie später dann auch kriegt, auf eine etwas unorthodoxe Weise – aber eben sehr, sehr zäh. Unendlich viel Meeresleuchten und sturmumtostes Seegras.
Da war La La Land (hier ein Lob von Vanity Fair) kompromissloser. Und weil ich ja so etwas bin wie das Orakel von Delphi, möchte ich an dieser Stelle betonen, dass La La Land den Goldenen Löwen sicher nicht kriegt, wie alle Filme, die ich großartig fand, The Master von 2012 zum Beispiel, ok, Silberner Löwe, aber dieser grandiose Film hätte mehr verdient, ich sage nur: Philipp Seymour Hoffmann und Joaquin Phoenix – und eine der bewegendsten Liebeserklärungen der Filmgeschichte, die ich jetzt, für Sie, meine teuren Blog-Leser, wiedergefunden habe.
I recalled you and I working together in Paris. We were members of the pigeon post during a four-and-a-half month siege of the city by Prussian forces. We worked in raid balloons, delivered mail and secret messages across the communications blockade set up by the Prussians. We sent 65 unguided mail balloons and only two went missing. In the worst winter on record. Two.
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If you leave me now, in the next life you will be my sworn enemy. And I will show you no mercy.
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I love to get you on a slow boat to China.
Hach.
Immerhin habe ich heute morgen noch einen anderen guten Film gesehen: The Arrival. Ein Science-Fiction-Film – und ich ahnte schon das Schlimmste, Science-Fiction kommt für mich gleich hinter Actionfilmen. Aber: Alle meine Vorurteile zerbröselten wie die Pressspannplatten, aus denen die Mostra zusammengezimmert ist. Hier der Trailer. Ok, nicht abschrecken lassen, wenn es hier und da an den schauerlichen Terence Malick erinnert, der Schluss hätte auch etwas gekürzt werden können, aber dennoch: Die Geschichte von der Linguistin, die es schafft, eine Kommunikation mit den Außerirdischen herzustellen – die aussehen wie eine Mischung aus gigantischer Hand und Krake und die mit einer Art Rohrschach-Tests kommunizieren – ist eine poetische Parabel für unsere Auseinandersetzungen mit Fremden – egal, ob es sich um Flüchtlinge heute oder um Ureinwohner früher handelt. Unbedingt sehen.
Und dann habe ich mir noch den Wim Wenders Film „Die schönen Tage von Aranjuez“ nach dem Theaterstück von Handke angetan. Mann und Frau reden über Liebe (Trailer hier). An sich keine schlechte Idee, wenn es nicht eine so prätentiöse Angelegenheit gewesen wäre. Wahrscheinlich waren die „Fixpunkte von Peter, auf die wir immer wieder zugeflogen sind“ im Weg.
Zweistündige Bußübung. Bin jetzt alle Sünden los.
P.S.: Im Foto ein Raumschiff mit Außerirdischen, die gerade Venedig verlassen.
Bravissima.