Als ich losfuhr, war ich froh, Italien loszuwerden. Zumindest vorübergehend. Eine Woche Deutschland. Eine Woche lang nicht aufregen. Die Mauschelei der Parteien? Die Heuchelei der Presse? Die Mafia? Der ewige B.? Der scheinheilige Pfadfinder als Ministerpräsident? Der gruselige venezianische Karneval? Wen juckt’s. München, Hamburg, Berlin. Die Klassiker sozusagen. Die Züge fuhren pünktlich. Das Essen war gut (besonders das Wiener Schnitzel in Berlin!) Die Architektur: kühl und modern und glitzernd. Der Flughafen München ist so einladend, dass man dort sofort einziehen möchte.
Und dann, ich glaube, es war noch am Flughafen Tegel, fing es an in mir zu nagen, wobei ich Tegel keine Schuld zuweisen möchte. An mir liefen zwei italienische Geschäftsmänner vorbei, ich hörte sie lachen. Und bekam Heimweh. Ich verbrachte die Nacht in München, einer verwässerten Form von Italien, und träumte auf Italienisch.
Am nächsten Morgen saß ich im Zug von München nach Venedig (sehr empfehlenswerter Zug übrigens, ein österreichischer!)
und konnte es kaum abwarten, wieder zurückzukehren.
Schweres Krankheitsbild, meinten meine (italienischen) Facebook-Freunde. Und nicht nur das. Meine Liebe zu Italien sei nichts anderes als eine Form des Stockholm-Syndroms, schrieb einer. Ein anderer gab zu bedenken: Du fühlst dich eben besser unter Verbrechern. Eine weitere FB-amica meinte, dass Italien eine Droge sei: Man glaubt, ohne die tägliche Dosis nicht mehr überleben zu können.
- Abhängigkeitssyndrom: Typisch ist ein starkes, periodisch oder dauerhaft auftretendes, meist unüberwindbares Verlangen und damit zwanghafter Konsum, Kontrollverlust und eine fortschreitende Vernachlässigung anderer Verpflichtungen oder Aktivitäten. Substanzabhängig unterschiedlich stark ausgeprägt, kommt es dabei meist zur Toleranzerhöhung und körperlichen und psychischen Entzugserscheinungen.
Schweres Abhängigkeitssyndrom infolge wiederholter Einnahme: Es beginnt mit einem Sprachkurs in der Toskana und endet damit, dass man sich mit der Mafia anlegt. (Wobei das schon wieder extrem deutsch ist: Es geht uns immer um das Prinzip). Als ich in Venedig ankam, war der Karneval vorbei. Und der Regen auch.
- Da alle Substanzen innerhalb einer sozialenStruktur eingenommen werden, ist Abhängigkeit als ein Ergebnis komplexer Wechselwirkungen seelischer, sozialer und körperlicher Prozesse zu verstehen.
Ich aß Spaghetti mit Tomaten und Basilikum. Las die Zeitungen. Und regte mich ein kleines bisschen auf.
Verstehe deine Gefühle sehr gut.
bei uns Italiener ist oft umgekehrt, wie aber hier oben in der zweiten Teil auch zu sehen ist!
Mal sich zu Hause in München zu fühlen, mal in Verona (öfter aber, komischerweise, in München…)
Ciao
Das Virus hat Dich erfasst,gibt keinen anderen erklärung.