Als die Kanutin Josefa Idem als Ministerin für Sport, Jugend und Gleichstellung in die italienische Regierung berufen wurde, war kein Halten mehr. Jubelarien allüberall. „Die blonde Deutsche in Italiens Regierung“ würde das Land herausreißen, wusste die FAZ, der Spiegel bescheinigte ihr deutsche Gründlichkeit und italienische Phantasie, und der Tagesspiegel beschied kühn: „Sie hat ihre Meriten schon verdient“, obwohl sie ihr Amt da gerade erst angetreten hatte. „Ich muss den Italienern ihr Land starkreden“ verriet sie dem STERN, der daraus messerscharf schloss: „Wenn sie bei sich bleibt, gelingt ihr alles“. Und in der WELT war zu lesen: „Idem engagiert sich mit Eifer und Leidenschaft, weil sie etwas in der Gesellschaft verändern will. Sie will das Feld nicht denen überlassen, die vielleicht gar nicht so geeignet sind.“
Natürlich kommt sie nicht auf die Idee zurückzutreten, warum auch, in Italien ist außer dem Papst noch nie jemand zurückgetreten, alle praktizieren hier die unter Ehebrechern bewährte Strategie: abstreiten, abstreiten, abstreiten – selbst wenn du mit einer anderen Frau im Bett erwischt wirst. Wenn das Abstreiten nicht mehr funktioniert, kann man sich zum Opfer einer Medienkampagne erklären und ankündigen, dass man sein Amt dennoch wie ein Märtyrer weiter ausüben will, „zum Wohle Italiens“.
Nachdem die 5Sterne-Bewegung (als einzige Opposition im italienischen Parlament) ihren Rücktritt gefordert hatte, rechtfertigte sich Josefa Idem, die „Deutsche für Italiens Frauen“ (Spiegel) in einer Pressekonferenz, in der keine Fragen gestellt werden konnten. Sie sei eine Athletin und habe kein Steuerrecht studiert, stellte sie fest, sie habe alles an ihren Steuerberater delegiert. Eine kühne Rechtfertigung: Geht sie etwa davon aus, dass in Italien nur die Steuern bezahlen müssten, die auch Steuerrecht studiert haben? Im Übrigen sei alles eine Medienkampagne. Klar. Und: In Deutschland sei noch nie jemand wegen einer solchen Bagatelle zurückgetreten. (Guttenberg? Wulff? Schavan? Nie gehört!)
Kurz: Auch wir Deutschen können zu Italienern werden, wenn wir uns nur etwas anstrengen. Das gilt nicht nur für die Ministerin, sondern auch für die deutschen Medien, die sich einheitlich der italienischen Regierungspresse anschlossen und nach den Jubelarien im Fall Idem nun eisern schweigen. Bravissimi!