Ja, Hochwasser in Venedig. Höchststand offiziell: 1,56 Meter. Womit drei Viertel von Venedig unter Wasser stehen. Inoffiziell allerdings lag das Hochwasser bei 1.60 – der Marke, bei der eigentlich der Notstand ausgerufen werden solle und Schäden geltend werden können. Kurioserweise lag das Hochwasser mal wieder knapp unter dieser Marke, wie im übrigen auch vor zehn Jahren, als dem damaligen Bürgermeister vorgeworfen wurde, mal wieder das Hochwasser unter die magische Grenze von 1,60 Metern runtergelogen zu haben.
Von Menschen gemachtes Hochwasser
Sie werden Bilder von dem Hochwasser schon im Fernsehen gesehen haben. Vielleicht mit dem Kommentar, dass es sich um das übliche Naturschauspiel handele. Weshalb an An dieser Stelle erwähnt werden muss, dass das venezianische Hochwasser von Menschen gemacht wurde: Das delikate Gleichgewicht der Lagune geriet spätestens seit der Grabung des Canale dei Petroli ins Schwanken, einer tiefen Fahrrinne für die Erdöltanker. Durch diesen Kanal haben sich die Strömungsverhältnisse radikal verändert: Wenn der Wind das Meer in die Lagune drückt, dringt mehr Hochwasser in die Stadt. Der Kanal hat auch die Strömungsverhältnisse verändert und „Barene“ weggespült, die sumpfartigen Inseln, die bei Hochwasser wie ein Schwamm wirkten.
Acht Milliarden Euro ins Wasser gekippt
Den Rest besorgten die Arbeiten für die acht Milliarden teure Hochwasserschleuse: Hier wurden die Öffnungen zum Meer tiefer ausgegraben, so dringt noch mehr Wasser in kürzerer Zeit nach Venedig. Nach Einschätzung der Venezianer wird diese Schleuse nie in Betrieb genommen werden. Glücklich gemacht hat sie vor allem eine ganze Reihe von Politikern von rechts bis links, die Schmiergelder in Höhe von einer Milliarde Euro eingenommen haben. Spezialisten haben von Anfang an darauf aufmerksam gemacht, dass das Projekt MOSE schon veraltet war, bevor die Arbeiten dazu überhaupt begonnen haben. Sie machen auch heute deutlich, dass die Schleuse, selbst wenn sie in Betrieb genommen werden sollte, keine Lösung darstellt: Die Schleusen können nicht tagelang geschlossen bleiben, die Lagune braucht den kontinuierlichen Austausch mit dem Meer, sonst verkommt sie zur Kloake.
So sieht es aus, wenn das Hochwasser ungebremst auf Venedig trifft – hier auf Murano am gleichen Tag, dem 29.10.2018.
Und die Touristen finden das Hochwasser natürlich komisch, wie hier zu sehen ist.
Jetzt könnte man natürlich sagen: Idioten gibt es überall. Klar. Aber in Venedig häufen sich sich besonders, bei 33 Millionen Besuchern pro Jahr. Und die Geduldsfäden der Venezianer sind an Hochwassertagen besonders gespannt. Die beiden Jungs konnten nur von Glück reden, dass da niemand handgreiflich geworden ist. Die Venezianer finden es auch nicht unbedingt lustig, beim Auspumpen ihrer Läden unentwegt fotografiert zu werden.
Hochwasserknigge
Es gibt ein paar Do’s and Dont’s, die bei Hochwasser gelten, ich habe sie schon vor längerer Zeit aufgeschrieben. Minimum ist, beim Laufen im Wasser keine Welle zu machen, nicht herumzuspritzen und nicht auf den Hochwasserstegen stehenzubleiben, um ein Foto zu machen. Damit kann man sich bei den Venezianern extrem unbeliebt machen.
In diesem Sinne grüßt Sie herzlich aus dem Hochwasser, das, wie vorausgesagt, noch bis Montag dauern soll, Ihre Petra Reski