Vergangenen Freitag ist es in Italien zu einem historischen Urteil in einem Prozess gekommen, der einen geheimnisvollen Titel trägt: „La Trattativa“, zu Deutsch: „Der Pakt“ – gemeint sind die Verhandlungen zwischen dem italienischen Staat und der Mafia.
Für viele Italiener ist dieser Pakt die Erbsünde der Zweiten Republik, die ausgerufen wurde, als Silvio Berlusconi 1994 an die Macht kam. Der Pakt zwischen Staat und Mafia ist der Schoß, aus dem alles kroch: Der Beginn der Herrschaft einer politischen Klasse, die sich mit der Mafia verbrüdert hat und einen moralischen Verfall ohnegleichen zur Folge gehabt hat: Korruption wurde zum Kavaliersdelikt, die Umwelt bedenkenlos zerstört.
Seit Freitag bezeugt ein gerichtliches Urteil „im Namen des italienischen Volkes“, dass die Regierung Berlusconi, mit der 1994 alles begann, Frucht dieses Paktes zwischen der Mafia und dem italienischen Staat ist. Seitens des Staates wurde dieser Pakt von hohen Beamten und Geheimdienstagenten ausgehandelt, welche zu hohen Haftstrafen zwischen acht und zwölf Jahren verurteilt wurden. Direkter Unterhändler der Mafia war Marcello Dell‘Utri, die rechte Hand von Berlusconi und Gründer seiner Partei Forza Italia. Er wurde zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Die höchste Strafe, 28 Jahre Haft, erging für den Mafioso Leoluca Bagarella. Mit seinem Urteil hat das Gericht ein elementares Prinzip verteidigen müssen, das eigentlich zur Basis der Demokratie gehören sollte: Mit der Mafia verhandelt man nicht.
Ich habe über diesen Prozess und den federführenden Staatsanwalt Nino Di Matteo mehrere Artikel (etwa hier und hier), unzählige Blogbeiträge (etwa hier und hier) und einen ganzen Roman geschrieben. „Palermo Connection“, mit der Figur der sizilianischen Antimafia-Staatsanwältin Serena Vitale, vom Spiegel als „Nino Di Matteo in Netzstrümpfen“ bezeichnet, wäre ohne diesen Prozess nicht entstanden.
Um so mehr freue ich mich, dass „Palermo Connection“ im November auch in Italien erscheinen wird.