Petra für die PETRA (heute: Der deutsche Humor)

Neulich habe ich durch Zufall nach Jahren eine Freundin wiedergetroffen, mit der ich (Damen nennen keine Zahlen) vor längerer Zeit in Paris studiert habe. Sie erinnerte mich an einen Witz, den ich damals erzählt habe, und von dem ich nur noch weiß, dass ich darüber jahrelang gelacht habe, und dass die Pointe irgendwas mit einem Pferd zu tun hatte, das zu einem Zebra sagt: „Zieh mal deinen Schlafanzug aus, dann zeige ich dir das“, aber den Anfang weiß ich nicht mehr.

Mein Problem ist, dass ich alle Witze vergesse, die länger als zwei Sätze sind. Einer meiner Lieblingswitze (gerade aus den Tiefen des Internetzes gefischt) geht so: Kommt ein Mann in eine Bäckerei und sagt: „Ich möchte gerne Rumkugeln!“ Darauf der Bäcker: „Aber nicht in meinem Laden!“. Oder dieser hier: Kommt eine schwangere Frau in eine Bäckerei und sagt: „Ich krieg ein Brot.“ Darauf der Bäcker: „Sachen gibt’s!“. Eine andere Schwierigkeit besteht darin, dass ich, falls ich mich ausnahmsweise an den Witz erinnere, schon vorher lachen muss, so dass ich die Pointe versaue.

Der Italiener an meiner Seite findet meine Witze natürlich überhaupt nicht komisch. Seiner Meinung nach erzähle ich Sachen in der Art wie „Ein Mann steht hier. Und schaut dahinten hin. Witz zu Ende. Haha.“ Nicht mal Engländer, die ja bekanntermaßen Meister des trockenen Humors sind, könnten über meine blöden Witze lachen, über diese Kinderwitze auf Pipi-Kacka-Popo-Niveau, vom geistigen Anspruch her knapp über Blumenkohl, genau wie die Pleiten-Pech-und-Pannen-Videos, über die ich mich auch ausschütte. Also Katzen, die in eine Badewanne fallen oder Kinder vom Dreirad (schon beim Gedanken daran muss ich lachen), oder Leute, die gegen einen Laternenpfahl laufen. Und über das Video, wo eine Antilope durch die Steppe rennt und gegen einen Baum knallt, hinter dem zwei Löwen liegen, habe ich monatelang gelacht.

 

Umgekehrt ist es so, dass ich ganz selten über die Witze lachen kann, die der Italiener an meiner Seite erzählt, was ihn frustriert, weil er sich für einen begnadeten Witzeerzähler hält. Das Problem ist, dass er seine Witze immer wahnsinnig in die Länge zieht: Ein Mann, der bei mir nur in eine Bäckerei kommt, ist bei ihm ein Mann mit Halbglatze und Übergewicht und einem blauen Hemd, das schlecht gebügelt ist – so dass es immer eine halbe Stunde dauert, bis er endlich zur Pointe kommt, und da habe ich den Anfang schon längst vergessen. Und wenn ich nicht lache, ist er beleidigt und murmelt was davon, dass Deutsche und Humor so inkompatibel seien wie Italiener und Organisation, ich also die Magda Goebbels unter den Witzekillerinnen sei und er ein geistig elastischer Italiener, der über hölzerne deutsche Witze nicht lachen kann – wobei, da war doch dieser eine Blondinenwitz, wie ging der noch mal? „Meinst du den mit dem Kreisverkehr?“, sage ich und fange schon wieder an zu lachen. „Ja“, sagt der Italiener, „aber das mit dem Kreisverkehr war doch die Pointe.“

Okay, ich habe das jetzt etwas verkürzt. Aber wenn er erst anfängt, dann sind wir Weihnachten noch nicht fertig, weil bei ihm der Obdachlose, der an der Windschutzscheibe der Blondine klopft, keine Zähne mehr hat, was sie aber nicht merkt (Blondine eben), die in einem silbergrauen Sportwagen fährt, als der Obdachlose sie um eine Zigarette bittet und schon wieder dasteht, als sie erneut anhält und sie um Feuer bittet, weshalb sie ihn fragt: „Wie machst du das, dass du immer, wenn ich anhalte, neben meinem Sportwagen stehst?“. Worauf der Obdachlose antwortet: „Gib mir zehn Euro und ich helfe dir aus dem Kreisverkehr.“

Darüber lacht sich der Italiener kaputt.