Karneval, 365 Tage lang.

Tourismus in Venedig
©Marco Sitran

Oh, denken Sie jetzt, wie schrecklich, dieser venezianische Karneval! Ja, der Karneval ist hier ein Albtraum (ich frage mich immer, was passieren würde, wenn mal eine Massenpanik ausbricht) – aber glauben Sie nicht, dass es diesen Trump-Imitator interessiert, den wir hier als Bürgermeister haben und der es, was die Beschränktheit und die Interessenskonflikte betrifft, ohne weiteres mit Berlusconi aufnehmen könnte. Luigi Brugnaro ist Zeitarbeit-Unternehmer und nutzt sein Amt jetzt für seine Zwecke.

Seit gefühlten Jahrhunderten höre ich von Plänen, die Touristenströme zu „verteilen“, haha, niemand außer den vielen (oft bis aufs Blut verfeindeten) Bürgerinitiativen scheint ein Interesse daran zu haben: Die verbliebenen 54 000 Venezianer werden wir auch noch kleinkriegen, wäre doch gelacht. Denn den Rest des Jahres über sieht es hier genauso aus, nur mit dem Unterschied, dass die Touristen dann keine Pappmasken tragen.

Seufzerbrücke

 

Jetzt könnte man sagen: Ist doch kontraproduktiv, kein Mensch der bei Sinnen ist, kommt auf die Idee, in so einer Stadt Urlaub machen zu wollen – eventuell ein Museum zu besuchen (Wissen Sie, das sind so alte Gebäude hier, die schöne, alte Bilder enthalten) oder sich zu fragen, ob Venedig eigentlich mal mehr war, als ein Selfie-Hintergrund. Ein Mal war ich mit einem kleinen Venezianer im Dogenpalast und versuchte ihm klarzumachen, dass Venedig einst nicht einfach eine Stadt im Wasser war, sondern so etwas wie England oder Frankreich, mit einer Art von Königen, die gewählt wurden, komische Mützen trugen (anders konnte ich einem Fünfjährigen die Dogen nicht erklären) und diese Republik ziemlich streng regierten (Wer nicht spurte, wurde geköpft oder ersäuft): Eine Seemacht, die tausend Jahre lang herrschte, von Oberitalien bis Zypern, bis Napoleon kam – und alles kaputt machte. Die Sache mit Napoleon leuchtete dem Fünfjährigen besonders ein. Seitdem ich ihm erzählt habe, dass Napoleon Venedig geplündert hat, hält er ihn für eine Art Hulk.

Vielleicht würde das mit der strengen Dogenrepublik ja auch heute noch funktionieren.

Ja, ja, ich weiß, dass meine Klage komplett sinnlos ist. Musste sie aber  mal wieder loswerden, wie jedes Jahr.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert