Also es war so: Getreu der italienischen Lebensweisheit “Nimm das Schlechteste an, und du liegst richtig” (cit. Andreotti – oft auch in der Variation “Schlecht zu denken ist Sünde, trifft aber zu”) übte ich meinen bewährten Zweckpessimismus – ungeachtet des Horoskops der Woche der Umfrageergebnisse, in denen das “No”, seit Monaten vorne lag. Weshalb ich, die im Unterschied zum Italiener an meiner Seite, kein Fernsehen schaute, sondern auf dem Sofa lag, den Roman meiner Freundin Rosemarie Bus las („Eisige Engel„), und es nicht fassen konnte, als der Italiener an meiner Seite sagte: „Schau mal“, und ich sah, dass das „NO“ zur Verfassungsreform fast zwanzig Prozentpunkte vor dem „SÌ“ lag.
Was soll ich sagen? Grande!
Ein toller Tag für Italien, für alle, die ihre Energien dafür eingesetzt haben (unentgeltlich, im Unterschied zur Propaganda für das „Sì“, die mit den Steuergeldern der Italiener bezahlt wurde): Juristen, Intellektuelle, Künstler wie Gianna Nannini – und, nicht zu vergessen: Sekretärinnen, Hausfrauen, Schüler, die per Fahrrad Flugblätter für das „No“ verteilt haben: Ihnen allen ist dieser Sieg zu verdanken.
Renzi wurde in der EU überschätzt: In Verkennung der italienischen Innenpolitik wurde er zum „Anti-Berlusconi“ hochgejazzt, obwohl er nichts anderes wollte, als Berlusconis Politik mit jungen, frischen und unbelasteten Gesichtern durchzusetzen.
Der Ausgang des Referendums ist nicht nur eine Niederlage für Renzi, sondern auch für all die deutschen Politiker (Merkel, Schäuble, De Maizière etc.pp), die ohne Not in beschämender Weise den Italienern Tipps gaben, wie Sie abzustimmen hätten. Ganz zu schweigen von dem Trauerspiel der deutschen Presse, die sich bereitwillig vor Renzis Karren spannen ließ.
Einerseits. Andererseits ist der Ausgang des Referendums ein Beweis dafür, dass die italienische Demokratie so schnell nicht totzukriegen ist, und darauf bin ich stolz.