Der beste Film läuft frühmorgens hier in Venedig, wenn die Außerirdischen noch nicht gelandet sind, und man in den Gassen nichts anderes hört als seine eigenen Schritte und das Kratzen der Reisigbesen. Es ist der kurze Moment, wenn Venedig sich noch selbst gehört,
und die Stadt ein begehbares Wunder ist.
Eine Stunde später ist alles vorbei.
Aber den Anblick erspare ich Ihnen jetzt.
Verharren wir lieber noch etwas in der schillernden Seifenblase des Filmfests. In der es mir in diesem Jahr bislang gelungen ist (reiner Zufall?, wunderbare Filme zu sehen, also nichts, wo Frauen sich die Barthaare ihrer Geliebten in den Mund stecken oder Menschen in verschlammten, russischen Landschaften feststecken, sondern Filme wie „Nocturnal Animals“ von Tom Ford.
Eine echte Kritik auch nachzulesen hier. „Nocturnal Animals ist bemerkenswert spannend, kunstvoll, ohne künstlich zu sein und ästhetisch (remember: der Mann ist Modemacher), ohne in der Form zu erstarren.
Drei Geschichten werden ineinander verwoben: Die einer unglücklichen Kunsthändlerin in L.A., ein blutiger Thriller in Texas und die einer verpassten Liebe. Wie in La La Land auch ist viel die Rede von den faulen Kompromissen, die man im Leben macht: nicht an sich glaubt, seine Träume über Bord wirft und damit bestraft wird, sich in eine wohlhabende Kunsthändlerin mit glattgezogenen Haaren zu verwandeln, die von ihrem Ehemann betrogen wird. Das Ganze natürlich in einem grandiosen Setting: Lauter schöne Menschen mit Tom-Ford-Brillen, die in Los Angeles in Frank-Lloyd-Wright-Häusern leben. Es ist ein unfassbar stilsicherer Film – egal ob es sich um texanische Steppe oder Mulholland Drive handelt.
Grandios die Szene mit der Mutter: Hauptdarstellerin Amy Adams sitzt mit ihrer Mutter im Restaurant: eine dominante, rassistische Republikanerin mit Perlenkette und Betonfrisur. Die Tochter kündigt der Mutter an, dass sie nie, nie, nie so werden wird, wie sie. Was die Mutter mit einem trockenen „Abwarten“ kontert.
Und seit heute morgen habe ich einen Lieblingspapst: Jude Law als erster amerikanischer Papst, Pius XIII. In Deutschland zu sehen ab Oktober in der HBO-Serie von Paolo Sorrentino: „The Young Pope„, Trailer hier und Kritik vom Tagesspiegel hier.
Es ist ein kettenrauchender, unberechenbarer Tom-Ripley-Papst – der, nachdem er die Tür zur Sixtinischen Kapelle aus Versehen aufgerissen hat, schaudernd auf einen Strom von mit Mineralwasserflaschen bewaffneten Menschen in Flipflops und Dreiviertelhosen blickt und sagt: „Ich schaffe es einfach nicht, meine Abscheu für Touristen zu überwinden. Sie sind einfach nur auf der Durchreise.“