Heute hat die Unesco der italienischen Regierung ein Ultimatum gestellt: Das zur Zeit in Istanbul tagende Welterbe-Komitee hat offiziell angekündigt, Venedig im nächsten Jahr auf die Rote Liste des gefährdeten Weltkulturerbes zu setzen – falls bis Februar 2017 seitens der italienischen Regierung keine entscheidenden Maßnahmen zur Rettung von Venedig und seiner Lagune unternommen werden. Die UNESCO hebt mit dieser Roten Liste solche Kultur- und Naturdenkmäler hervor,
deren Bestand und Geltung durch ernste und spezifische Gefahren, wie Beschädigung, Zerstörung oder Verschwinden, bedroht sind. Die UNESCO mahnt für diese Stätten außerordentliche Schutzanstrengungen an.
Im vergangenen Herbst hat eine Unesco-Kommission Venedig besucht, sich über den Zustand Venedigs informiert und mit offiziellen Stellen und Vertretern von Bürgerinitiativen und des Kulturschutzbunds Italia Nostra geredet. Das Welterbe-Komitee fordert unter anderem ein Verbot für „largest ships„,
in die Lagune einzudringen, fordert nicht nur Geschwindigkeitsbeschränkungen für den Wasserverkehr, Regelungen dafür, welche Schiffe und Boote und welche Motoren (allein die Abgase von Lastkähnen enthalten hundert Mal mehr giftige Schwefelsäure als die von Autos – Venedig ist die Stadt mit der höchsten Lungenkrebsrate in Italien), sondern auch konkrete Maßnahmen für eine „sustainable turism strategy“ Das offizielle Dokument mit den Forderungen der Unesco kann hier nachgelesen werden. Hier auch dazu die Stellungnahme von Italia Nostra, eine Pressemitteilung der Bürgerinitiative Gruppo 25 aprile und eine Zusammenstellung des Pressechos.
Wenn nichts passiert, wird Venedig der „Welterbe“-Status entzogen, was für die Stadt Venedig und die italienische Regierung ziemlich peinlich wäre – die Aberkennung des Titels wäre ein Gesichtsverlust, eine Blamage ähnlich wie in Dresden, als das Dresdner Elbtal den Weltkulturerbe-Status verlor.
Sehr schön auch die Reaktion der italienischen Unesco-Vertreterin: «Abbiamo volontà e capacità, si guardi a Pompei», was so viel heißt wie: „Wir sind fähig und guten Willens, wie man am Beispiel Pompei sehen kann.“ Nun ist Pompei ungefähr das schlechteste Beispiel, das sie finden konnte – ungefähr so, wie wenn eine Krankenschwester einem Krebskranken damit Hoffnung zu machen versucht, indem sie auf die erfolgreiche Therapie an dem unter dem Sauerstoffzelt röchelnden Sterbenden hinweist.
Für uns hier in Venedig jedenfalls ist das Ultimatum der Unesco eine Hoffnung. Man fühlt sich nicht länger allein.