Das Foto stammt aus dem heißen Sommer 2008, in Venedig. Da kannten wir uns schon viele Jahre (Damen nennen keine Zahlen). Kennengelernt haben wir uns in München, während der sogenannten Cosmo-Zeiten, als eine etwas schräge Truppe von Journalistinnen sich vorübergehend einbildete, eine Frauenzeitschrift machen zu können, die anders ist. Verbunden hat uns vor allem die Abneigung gegen das Kerngeschäft von Cosmopolitan, also dieses PsychoSexundPartnerschaft-Gesumse (wobei: nichts gegen Sex!), woraus folgte, dass wir Cosmo nicht lange erhalten blieben. Regina war bei Cosmo wie aus einem anderen Universum aufgetaucht: Sie hatte als Lektorin, Drehbuchautorin, Übersetzerin und Schriftstellerin gearbeitet, was die beiden Cosmo-Chefredakteurinnen natürlich etwas verdächtig fanden: Schriftstellerin! So weit kommt’s noch! Die Cosmo-Zeit verging, unsere Freundschaft blieb bestehen.
Regina Conradt war Berlinerin durch und durch und blieb das im Herzen auch, selbst wenn sie den größten Teil ihres Lebens in München und Umgebung verbracht hat. Ihrer Liebe zu Berlin war es auch zu verdanken, dass sie zu der Gruppe von Frauen gehörte, die 1994 versuchte, die grandiose Frauenzeitschrift „Sibylle“ zu retten, die Kult-Modezeitschrift der DDR.
In der Sibylle sahen die Frauen aus wie Göttinnen, die sich einen Scheißdreck für PsychoSexundPartnerschaft interessierten. Anzeigenmäßig war das natürlich ein Desaster. Trübte aber nicht Reginas Stimmung, sie arbeitete weiter als Drehbuchautorin und Schriftstellerin, reiste viel und schrieb nebenbei auch noch eine erfolgreiche Serie für das Klassikradio: „Die wahre Geschichte“. Wenn wir uns trafen, meist in Schwabinger Biergärten, aßen wir Nürnberger Rostbratwürstchen (ich) und einen kleinen Salat (Regina), tranken Weißwein und sprachen über das Schreiben, aber nicht nur, wir sprachen über alles, worüber Freundinnen sprechen, wir lästerten und lachten, sogar über die Mafia. Regina war übrigens die einzige meiner Freundinnen, die zu der Verhandlung im Oberlandesgericht München erschien, in der es um die Schwärzung meines Buches „Mafia“ ging, sie kam aus Solidarität, so wie sie für ihre Freunde immer da war.
Gestern, am 18. Januar 2016, ist Regina nach langer schwerer Krankheit in München gestorben. Oder wie eine ihrer Freundinnen sagte: „Sie ist verblüht.“ Eine andere Freundin hielt ihr die Hand, bis zuletzt.
Sie wird mir sehr fehlen.
Liebe Petra, liebe Doris,
vielen Dank für die schönen Zeilen und Eure warmen Gedanken. Ich habe in unser aller Namen einen kleinen Brief an Gina geschrieben, den meine mutige Steiftochter Luisa bei der Trauerfeier super schön vorgetragen hat. Wir sehen uns!
Liebe Regina,
so wie Du Deine Erinnerungen Stück für Stück verloren hast, so sind sie bei den Menschen in Deiner Umgebung wieder erwacht.
Jeder denkt an seine speziellen Erlebnisse mit Dir –
Die Freunde, die Freundinnen, die Kollegen, die Kolleginnen, die Kinder, die Kindeskinder, die Männer, die Frauen.
Du hast immer ein offenes Haus, ein offenes Ohr, ein gutes Süppchen und eine wilde Geschichte für alle die Dir im hier und jetzt begegnen.
Deine geistige Großzügigkeit ist fast grenzenlos. Egal, ob Du um einen Rat oder eine Meinung gefragt wirst oder ob es darum geht, eine Idee zu formulieren, Du bist immer da. Und wenn Dir etwas nicht gefällt, dann bist Du auch da, ob man es will oder nicht.
Deine Meinung zu vertreten ist Dir immer wichtig, wenn nicht das Wichtigste.
Du bist klar und kompromisslos in allen Belangen des Lebens – auch wenn es Dich doch manchmal zu dem ein oder anderen Entgegenkommen zwingt.
Deine dunkle, ansteckende Lache ist immer ein Indiz für ein angeregtes Gespräch – oder eine gute Idee. So hat sich ein Gedicht in Deinen Unterlagen gefunden, dass eine perfekte Zusammenfassung Deiner Lebensphilosophie ist:
IMMER VOLLE TASCHEN
NIEMALS LEERE FLASCHEN
LANGEN SCHLAF AM MORGEN
NUR GANZ KLEINE SORGEN
VIELE NEUE PLÄNE
KEINE SCHLECHTEN ZÄHNE
SCHUHE OHNE LÖCHER
IMMER DICHTE DÄCHER
AUTOS, DIE STETS FAHREN
EINEN KOPF, ’NEN KLAREN
KEINE FALSCHEN FREUNDE
LIEBER GUTE FEINDE
IMMER WEISSE WESTEN
IN ALLEM NUR VOM BESTEN
ERFOLG AUF ALLEN WEGEN
UND FÜR DIE BAUERN REGEN
UND JEDEM FEIN DAS SEINE
SOWIE AUCH MIR DAS MEINE
Du machst aus vielen Dingen Deins. Ob es immer Deins ist, stellt sich manchmal erst später heraus.
Aber darüber regst Du Dich immer nur kurz auf.
Manchmal Dein Leben lang – und darüber musst Du wieder lachen.
Die Sachen, die Du nicht machen willst, aber trotzdem machst, bekommen Deinen Sound und geraten unweigerlich in Deinen Rhythmus. Wer mitswingt ist zum Tanz eingeladen. Ausschweifend immer gerne, aber nicht sinnlos und verschwenderisch. Das magst Du nicht.
Deine Geschichten unterhalten und erfreuen viele Menschen. Die kennen nur die von Dir erdachten Figuren und Erlebnisse.
Wir alle aber kennen, lieben und schätzen Dich persönlich.
Danke für deine Gastfreundschaft, Deine Zuwendung und dein Zuhören. Danke für Deine Liebe zu deinen Enkeln – und deine Kunst, Geschichten zu erzählen.
Danke für Dein ungestümes Lachen und deinen Mut zu Unsinn. Den du immer bewahren wirst.
Für uns alle bist Du immer Gina –
die Mutter, die Großmutter, die Freundin, die Liebende, die Geliebte, die Vertraute, die Partnerin, die Genossin, die Gefährtin, die Kämpferin und die Reisende.
Ach ja, das Reisen. Das liebst Du. Schöne und interessante Flecken und Menschen entdecken. Und davon gibt es noch viele. Bisher konntest Du nur an einem Ort sein, jetzt bist Du überall und immer.
Gute Reise LIEBE GINA!
xxx, Nick*
Das freut mich, Nick. Sei umarmt. Deine Mutter fehlt uns allen ganz schrecklich.
Unser Zusammentreffen bei Miss Vogue war der Beginn einer lebenslangen, wunderbaren Freundschaft. Nur gemeinsam mit Regina, ihrem unglaublich großen Wissen und ihrer Professionalität, konnte es gelingen über tausend „wahre Geschichten“ zu finden. Es war ihr Humor, ihre ehrliche Herzlichkeit, Ihre selbstlose Hilfsbereitschaft, ihre aufrichtige Liebe … sie war immer für mich da. Und es war einfach Regina, die die Tage und Nächte in Le Clos unvergesslich machen. Ich vermisse sie. In Liebe Sigi
Sie muss eine tolle Frau gewesen sein.
Und ist ihr Name auch auf Wikipedia richtig.
Toll, dass der Fehler korrigiert wurde!
Mitten im wildlife reservoir von kerala kommt die Nachricht und die Erinnerung an das ungestüme Lachen. Rest in peace my friend. Rose, another one of the wild bunch
Danke Dir Petra,
und danke dir Regina,
Danke für deine Gastfreundschaft, dein stets offenes Haus. Deine Zuwendung und dein Zuhören. Deine feinen Süppchen. Deine Liebe zu deinen Enkeln – und deine Kunst, Geschichten zu erzählen.
Danke für die Gesellschaft in München, Venedig, Berlin und Hamburg. Dein ungestümes Lachen, deinen Mut zu Unsinn. Den du bis zuletzt bewahrt hast.
Bei meinem letzten Besuch im Juni 2015 sah ich eine Inschrift an deinem Haus. Für einen berühmten Menschen, der da gewohnt hat. Für mich wird es immer das Haus bleiben, in dem D U gewohnt hast.
In großer Liebe und Trauer
Doris Burger
(Auch eine der Cosmo-Kolleginnen, des schrägen Haufens. Aktiv in „Liebe, Lust und Leidenschaft“ so übersetzt und gerne!)
Sie wird sich freuen, wenn sie das liest…und ich wuerde mich freuen, wenn eine Freundin so wunder voll liebevoll ueber mich schreiben wuerde. Beeindruckt auf die Eine und neugierig auf die Andere. Grazie Marion Tiso