Jedes Mal, wenn ich etwas über Ebola lese, muss ich an Berlusconi denken. Der große, alte Journalist Indro Montanelli hielt B. für eine Krankheit, von der die Italiener erst geheilt seien, wenn sie sich impfen lassen würden, durch eine ordentliche Dosis Berlusconi als Ministerpräsident und Berlusconi als Staatspräsident. Leider hält die Epidemie immer noch an.
Die italienischen Zeitungen sind auch heute voll von B., zwei Jahre nach seinem Rücktritt, ein Jahr nach seiner ersten rechtskräftigen Verurteilung als Steuerhinterzieher, zehn Monate nach seinem Ausschluss aus dem Senat. Falls Sie noch glauben, dass er reumütig seinen Sozialdienst absolviert: Zur Zeit reformiert B. zusammen mit Renzie-Boy die Verfassung, mal so nebenbei. An den deutschen Zeitungslesern ist ja leider vorbeigegangen, dass B. und sein kleiner, dicker Pfadfinder mehr als ein Drittel der italienischen Verfassung ändern, wobei der Senat keineswegs abgeschafft wird, wie in den deutschen Medien in copy&paste-Manier (nur die taz deutete eine zarte Kritik an, hier und hier) behauptet wurde, sondern lediglich mundtot gemacht wird: In Zukunft sitzen im Senat nur noch von den Parteien ausgewählte Bürgermeister und Regionalpräsidenten. Auch was das neue Wahlrecht betrifft, so bleiben sich B. und sein Buddy treu: Aus dem alten, Porcellum, Schweinerei genannt, soll eine noch größere Schweinerei werden, Italicum genannt, das sämtliche Ferkeleien des alten Wahlgesetzes enthält, also, dass die Italiener weiterhin keine Kandidaten, sondern nur Parteien wählen können, die Katze im Sack, weil es die Parteien sind, die nach den Wahlen jeden, der ihnen genehm ist – Nacktmodelle, Mafiosi etc. pp. – zu Abgeordneten ernennen. Eine Partei kann so mit nur 37 Prozent die absolute Mehrheit erringen, während die unter 8 Prozent draußen bleiben müssen. Damit wäre Italien einen Schritt weiter auf dem Weg zur Diktatur – so wie sie der Geheimloge P2 vorschwebte.
Nachdem der Senat seine Entmündigung beschloss, (die Opposition hatte den Saal verlassen) fielen sich die Abgeordneten der PD (die von den deutschen Medien stets als „links“ und „sozialdemokratisch“ bezeichnet wird, als Sozialdemokrat würde ich so etwas als Verleumdung anzeigen) und von Forza Italia in die Arme und küssten sich ab. Deshalb ist dieses Foto auch ein schönes Dokument der italienischen GroKo, der Kuschelkoalition von Forza Italia und PD, die seit mehr als zwanzig Jahren herrscht und sich alles schön teilt, die Bestechungsgelder, die Großprojekte, die Mafiakontakte, was eben so anfällt.
Und die Italiener?, fragen Sie. Was machen die Italiener? Die rund 5 Millionen Italiener, die von der Politik leben (durchschnittlicher Verdienst eines sizilianischen Regionalabgeordneten: 22 000 Euro netto, monatlich) einschließlich ihrer Verwandten, Kinder, Kindeskinder und Freunde, genießen ihren Urlaub und hoffen, dass alles weiter so gut geht wie bisher. Die anderen sind damit beschäftigt zu überleben. Und machen die Revolution nur auf Facebook.