Schweres Krankheitsbild II.

Damit hier nicht der Eindruck entsteht, dass nur Italien Suchtpotential besitzt: Es gibt unter den Italienern bereits viele schwere Fälle von Deutschland-Abhängigkeit. Mir persönlich ist der Fall eines Italieners bekannt, der bei jeder Gelegenheit ein bewunderndes „Ah, la Germania, tutto funziona“ ausstößt – aber auch unter meinen italienischen FB-Freunden outeten sich etliche weitere Abhängige:

Einer gestand eine ungestillte Sehnsucht nach Attendorn, Olpe und Köln.

Ein anderer vermisste den deutschen Bürgersinn, die Heiterkeit (Kein Witz: Ein Italiener vermisst die deutsche Heiterkeit!) ebenso wie die Ernsthaftigkeit, das Bier, die S-Bahn, die U-Bahn, die wirtschaftliche Sicherheit, die Schönheit der Moderne und dass man sich auch unterhalten kann, ohne über Politik reden zu müssen, die Kulturpflege, das teutonische Multikulti, die von den amerikanischen Bombern ausgesparten deutschen Kleinstädte, den Respekt, das Gefühl für Freundschaft sowie Worte wie: Heimweh und Sehnsucht, Gelassenheit und, natürlich, Unheimlich.

Ein anderer sehnte sich nach Hamburg und Berlin und fügte zu den suchtfördernden deutschen Substanzen auch noch die Parks, die lebenswerten Vororte,  das Astra für einen Euro fünfzig in einer kleinen Hamburger Kneipe hinzu – und dass man mit dem Fahrrad immer noch schneller ist als mit den ohnehin effizienten öffentlichen Verkehrsmitteln.

Zur Diagnose des Abhängigkeitssyndroms müssen mindestens drei der folgenden Kriterien während des letzten Jahres gemeinsam erfüllt gewesen sein:

  1. starkes, oft unüberwindbares Verlangen, die Substanz einzunehmen
  2. Schwierigkeiten, die Einnahme zu kontrollieren (was den Beginn, die Beendigung und die Menge des Konsums betrifft)
  3. körperliche Entzugssymptome
  4. benötigen immer größerer Mengen, damit die gewünschte Wirkung eintritt
  5. fortschreitende Vernachlässigung anderer Verpflichtungen, Aktivitäten, Vergnügen oder Interessen (das Verlangen nach der Droge wird zum Lebensmittelpunkt)
  6. fortdauernder Gebrauch der Substanz(en) wider besseres Wissen und trotz eintretender schädlicher Folgen.