Ja, sie haben es wieder geschafft, die italienischen Linken, es war harte Arbeit, aber sie haben es hingekriegt, den abgehalfterten, durch den Wolf gedrehten, mausetoten B. wieder zu beleben, damit er es zumindest schafft, die Mehrheit im Senat zu erhalten. Wenn das schon nicht im Parlament klappte, ihn gewinnen zu lassen, wenngleich auch nur um 0,4 Prozent, dann wenigstens im Senat. Um das zu erreichen, haben sie B. in alle ihnen zur Verfügung stehenden Talkshows eingeladen, B.war morgens im Kaffee und abends in den Nachrichten, er hat das Blaue vom Himmel heruntergelogen, und die Linken waren glücklich.
Denn der eigentliche Feind war ja nicht B., sondern Grillo, das Movimento 5stelle, die Bewegung des „Komikers“, „Faschisten“, „Nazis“, „Demagogen“, „Duce“, „Putschisten“, „Antisemiten“, „Rassisten“, „Rotbrigadisten“ – der von der gesamten italienischen Presse, ausgenommen der Tageszeitung „Il Fatto“ verhöhnt, belächelt und verleumdet wurde. Und was wiederum eilfertigst von unzähligen deutschen Korrespondenten übernommen wurde, die im Copy&paste-Modus Grillo als „Wüterich“ und „Clown“ und das Movimento 5 stelle als „populistisch„, „anti-europäisch“ (damit kann man den Deutschen die meiste Angst machen, denn damit ist ihr Portemonnaie gemeint) oder schlichtweg als „antipolitisch“ bezeichneten.
Jetzt wurde das Movimento 5 stelle also stärkste Partei in Italien (mehr Stimmen als die linksdemokratische PD) mit 25,4 Prozent der Stimmen – und ich vermute, dass sich einige Chefredakteure in Deutschland jetzt fragen: Warum hat man bei uns nix darüber gelesen? Weshalb jetzt ganz viele das Ruder herumreissen: Schon werden die „Populisten“ ganz zart in „Protestbewegung“ umgetauft.
Was ich mich frage: Wo leben diese Journalisten? In einer Glaskugel? Am Telefon mit der Mama in Deutschland? Im niedersächsischen Landtag?
In Italien hat soeben ein Wunder stattgefunden: Eine Bewegung, die kein Geld hat, keine Fernsehsender, keine Zeitung, nichts, hat es geschafft, stärkste Partei zu werden – und damit das Ansehen Italiens in der Welt zu retten. Denn sie beweisen, dass Italien nicht korrupt, mafios und gleichgültig, sondern engagiert, mutig und leidenschaftlich ist. Ist es populistisch, gegen die Mafia zu kämpfen? Ist es populistisch, gegen vorbestrafte Parlamentarier zu kämpfen? Ist es populistisch, gegen die Umweltzerstörung zu kämpfen?
So. Und jetzt zu der sogenannten „Unregierbarkeit“: Keine Sorge, Italien wird nicht unregierbar werden. Denn schon jetzt stellt sich die Linke darauf ein, wie in den letzten 20 Jahren zusammen mit B. zu regieren. Die übliche große Koalition. Hat sich ja bewährt, und auf seine Privilegien möchte man ungern verzichten. Ach ja, und noch etwas zum Wahlgesetz, das außerhalb Italiens (und selbst in Italien nur wenige) niemand versteht: Hier bekommt die Partei, die 30 Prozent der Stimmen bekommt, als Belohnung die Mehrheit der Sitze. Das ist absurd? Das ist Italien. Ein Wahlrecht, von dem in diesem Fall die Linken profitiert haben. Und deshalb bin ich auch skeptisch, dass sie den Ast, auf dem sie jetzt sitzen, absägen werden.
Und B. wird als Preis dafür, dass er im Senat mit seinen Stimmen die Gesetze der Linken absegnet, verlangen, in den Quirinalspalast als Präsident einzuziehen. Fantapolitica? Science fiction? Wir werden sehen.