Wenn Italiener Ah, la Germania! sagen, wird zwangläufig auch ein Tutto funziona! angehängt – ein Ausruf, den ich stets unterstützte, ja triumphierend zu bestätigen bereit war, denn mein Deutschlandbild hatte sich aufgrund der geographischen und zeitlichen Entfernung rosarot gefärbt. Bis ich selbst in Deutschland vor Gericht stand. Angeklagt von mehreren Protagonisten meines Buches „Mafia. Von Paten, Pizzerien und falschen Priestern“ fiel mir meine pinkfarbene Brille spätestens in dem Moment von der Nase, als wir dazu verurteilt wurden, Passagen des Buches zu schwärzen und Schmerzensgeld für das erlittene Unrecht zu bezahlen. Eine Entscheidung, gegen die der Droemer Verlag Verfassungsbeschwerde eingereicht hat, mehr dazu auch hier und hier. Juristisch gesehen geht es dabei um das, was die Verdachtsberichterstattung darf oder nicht. Journalistisch und moralisch um viel, viel mehr. Nämlich darum, wie schnell man in Deutschland Journalisten mundtot machen kann.
Aber das ist natürlich nix im Verhältnis zum Fall „Gustl Mollath“ – der kafkaesken Leidensgeschichte eines Mannes, der eigentlich nichts anderes wollte, als auf einen gesellschaftlichen Missstand aufmerksam zu machen – eine Schwarzgeldverschiebung in die Schweiz – und der dafür in der Psychiatrie landete. Inzwischen wurden seine Vermutungen zwar durch die Prüfberichte der HypoVereinsbank zum Teil belegt, aber der Mann sitzt immer noch in der geschlossenen Psychiatrie. Sicher, kein Land ist vor Justizirrtümern gefeit – aber angesichts der Tatsache, dass sich hinter den Schwarzgeldern nicht weiter benannte „reiche Kunden“ verbargen, wäre natürlich interessant zu wissen, in wessen Interesse die Justiz hier tätig wurde.
Immerhin ist jetzt etwas Bewegung in die Sache geraten – was auch einem anderen Fall zu wünschen wäre, über den kürzlich das Süddeutsche Magazin unter dem Titel „Sein Wille geschehe“ berichtete. Da geht es auf den ersten Blick um ein Familiendrama – das ebenfalls zu einem Justizskandal ausartete. Interessant daran finde ich besonders, und damit sind wir wieder bei der Verdachtsberichterstattung – dass die Geschichte geradezu romanhaft geschrieben werden musste: Namen, Berufe, Daten und Orte wurden geändert – weil das SZ-Magazin nicht zu Unrecht vermutete, dass sie vor Gericht den Kürzeren ziehen würden, falls sie echte Namen nennen würden. Dies um so mehr, als der Protagonist das Magazin bereits vor Erscheinen des Artikels juristisch zu belangen versuchte.
So viel zum tutto funziona.