Autoliteratur

„… und so habe ich mir denn ein Auto angeschafft“ – heißt das Buch von Ulf Geyersbach, das mir heute in die Hände fiel. Untertitel: Schriftsteller und ihre Automobile. Eine Beziehung, die es wert ist, vertieft zu werden. Vladimir Nabokov posiert vor der Haifischmaulschnauze seines Buick, in dem er nach eigener Aussage fast die ganze Lolita verfasst hat. Françoise Sagan rast am Steuer ihres Jaguar XK 140 vorbei, als Belohnung für Bonjour Tristesse, und Gertrude Stein steht neben ihrem Ford, in dem sie sogar Gedichte schrieb, am liebsten in der Nähe von Kreuzungen geparkt. Nabokov hingegen schrieb im Fahren, was kein Problem war, weil er stets gefahren wurde, als Kind von dem Chauffeur seiner Eltern, später von seiner Ehefrau. Nabokov hatte keinen Führerschein – und war Mitglied der American Automobile Association. Erich Maria Remarque hingegen war ein verhinderter Rennfahrer und wurde vom Ullstein Verlag mit einem Lancia beschenkt, nachdem sich Im Westen nichts Neues 750 000 mal verkauft hat. Remarque besaß sogar einen Bugatti und die seltene Gabe, vor Kurven Zwischengas zu geben. Da bin ich natürlich voller Neid, wegen des Bugatti, des Lancia und des Zwischengases. Von den 750 000 Exemplaren von Im Westen nichts Neues ganz zu schweigen. Die Autos werden aber nicht nur gefahren, sondern auch zum Mythos erhoben, sie werden gepriesen, gefeiert  und gefürchtet – ja, sie werden zu literarischen Nebenfiguren. Autoliteratur.

Das erinnerte mich an die wunderbare Reisereportage „Schwarzes Revier“ von Heinrich Hauser, ein Buch, das von dem FAZ-Redakteur Andreas Rossmann im vergangen Jahr wieder aufgelegt und mit einem Vorwort versehen wurde. Hauser fuhr mit einem Cabriolet der wie ein Passwort klingenden Marke NAG CF 4B durch das Ruhrgebiet der Zwanzigerjahre, um den Strukturwandel zu fotografieren und zu beschreiben.

All diese illustren Herrschaften hätten verstanden, warum ich die Fahrt von Kamen nach Corleone in einem Alfa Spider machen musste. Das einzige Problem sind die Notizen, wenn man selbst fährt. Weil ich nicht jedes Mal anhalten konnte, wenn mir etwas auffiel, habe ich so die Diktierfunktion meines I-Phone (Steve Jobs for ever) zu schätzen gelernt.