Der schier unerschöpflichen Energie der italienischen Europaparlamentariern Sonia Alfano ist es zu verdanken, dass es im europäischen Parlament in Brüssel gestern und vorgestern zu einem„Mafia-Hearing“ kam: 40 italienische Antimafia-Staatsanwälte waren angereist, um das europäische Parlament dafür zu sensibilisieren, dass die Mafia nicht am Brenner halt macht, sondern ein europäisches Problem ist. Eines, das uns alle angeht. Sonia Alfano hofft, dass dies ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer einheitlichen europäischen Gesetzgebung bei der Mafia-Bekämpfung sein wird.
Die Staatsanwälte kamen aus den Hochburgen der Mafia – aus Neapel, Palermo, Reggio Calabria, Catanzaro. Es war für mich eine große Ehre, zu den Vortragenden zu gehören. Dies um so mehr, als das Thema „Mafia in Deutschland“ erfolgreich verdrängt wird, und das nicht erst seit gestern, sondern seit Jahrzehnten: Selbst die Mafiamorde von Duisburg waren nur ein vorübergehender Schock. Heute ist die Erinnerung daran schon lange verblasst: „War das es nicht ein ‚Massaker von Italienern an Italienern‘?“ Damit befinden sich die Deutschen übrigens in bester Gesellschaft. Nicht nur mit ihren französischen, englischen, holländischen und griechischen Nachbarn. Sondern auch mit den Norditalienern, die genau wie ihre europäischen Nachbarn sagen: „Die Mafia? Ja, die gibt es. Aber nicht bei uns. Sondern nur in Süditalien.“
Und weil Sonia Alfano Tochter des von der Mafia ermordeten Journalisten Beppe Alfano ist, vergaß sie auch nicht, Opfer der Mafia einzuladen – Augenzeuginnen: Zwei Frauen, deren Väter von der Mafia ermordet worden sind, weil sie sich ihr in den Weg gestellt haben: die Tochter eines von der Mafia ermordeten Hotelbesitzers und die Tochter des von der Mafia ermordeten Bürgermeisters von Capaci.
Als sie über ihre Väter sprachen, wurden ihre Stimmen rau.