Die minderjährige Marokkanerin Karima El Maroug, genannt Ruby, wird am 27. Mai 2010 in Mailand auf dem Corso Buenos Aires aufgegriffen, weil sie von einer Mitbewohnerin wegen des Diebstahls von 3000 Euro angezeigt wurde. Ruby hat keine Papiere und gilt als vermisst, seitdem sie aus einer sizilianischen Jugendtherapiegemeinschaft geflohen ist. Kurz nach ihrer Festnahme ruft Ministerpräsident Silvio Berlusconi im Mailänder Polizeipräsidium an und ordnet an, die Minderjährige freizulassen, weil es sich um die Nichte des ägyptischen Präsdenten Mubarak handele. Seitdem ermittelt die Mailänder Staatsanwaltschaft gegen den Ministerpräsidenten, wegen Begünstigung der Prostitution Minderjähriger und Amtsmissbrauch. Einige Auszüge aus den Ermittlungsakten, die auch Abhörprotokolle enthalten.
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Polizist zu Ruby (während er darauf wartet, zur diensthabenden Jugendrichterin durchgestellt zu werden) Pass mal auf, wenn ich dich noch mal auf der Straße sehe, breche ich dir die Beine.
Ruby: Ich komme also mit dir mit, damit wir Liebe machen.
Polizist: Mit mir kommst du nirgendwo hin.
Jugendrichterin: Fragen Sie das Mädchen, wie sie ihre Miete verdient hat.
Polizist: Wie hast du deine Miete verdient?
Ruby: Als Bauchtänzerin in einigen Lokalen in Mailand.
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Staatsanwalt: Während Ihrer Bekanntschaft mit Ruby haben Sie davon erfahren, dass sie mit berühmten Leuten befreundet sei?
Mitbewohnerin von Ruby: Ich erinnere mich daran, dass sie behauptete, eine Freundin von Silvio Berlusconi zu sein, dem Ministerpräsidenten. Sie sei oft bei ihm in der Villa zu Besuch gewesen, wo sie zu Abend gegessen, getanzt und dass sie mit ihm Sex gehabt habe, wofür er ihr sehr viel Geld gezahlt habe.
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Freund von Ruby: Und du hast dem Papa, dem Onkel … oder wie nennst du ihn? Onkel oder Opa?
Ruby: Nein, Papi.
Freund: Madonna, das ist ja wie bei der Napoletanerin, die nannte ihn ja auch Papi …
Ruby: Ich bin aber etwas anderes als die Napoletanerin.
Freund: Tatsächlich.
Ruby: Die da ist der Augenstern. Ich bin der Arsch.
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Ruby (zu einem weiteren Freund): Hör mal. Ich habe gerade mit ihm telefoniert.
Freund: Mit wem?
Ruby: Mit ihm! IHM!
Freund: Er, er? Der Große?
Ruby: ER! Jesus!
Freund: Und?
Ruby: Er hat mich genau vor drei Minuten angerufen. (…) Ich habe ihm gesagt, dass ich viele Sachen zugegeben, aber auch viele verschwiegen habe. Ich habe ihm alles gesagt, was ich gesagt habe, weil ich das angesichts der Beweise zugeben musste. Er sagte, wir sind aber nicht in Gefahr, wir haben nur ein paar Schwierigkeiten. Dann habe ich zu ihm gesagt: Ich wollte dich was fragen, denn aus dieser Situation möchte ich natürlich mit etwas in der Hand herausgehen. Er sagt, klar, das ist normal. Und dann hat er mir so ein komisches Sprichwort gesagt, etwas in der Art wie „Wenn das Meer stürmt, dann lässt man die Menschen nicht untergehen“.
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Ruby zu ihrem Vater: Heute bin ich auch wieder in einer wichtigen Zeitung drin, die in ganz Italien erscheint (…), es geht um mein Treffen mit Berlusconi und so weiter, verstehst du?
Vater: Ja.
Ruby: Ich bin jetzt hier mit dem Anwalt (…) Silvio hat ihm gesagt: Sag ihr, dass ich zahle, was sie will, Hauptsache, sie hält den Mund. Sie kann auch so tun, als wäre sie verrückt, Hauptsache, sie hält mich aus den Sachen raus, dass sie sagt, dass ich sie nie gesehen habe, als sie noch siebzehn war und sie nie bei mir zu Hause war. Ich ruf dich später wieder an, wenn ich hier fertig bin.
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Ruby zu einer Freundin: Mein Fall ist der, der am meisten Angst macht. Mehr noch als der von Letizia (der minderjährigen Neapoletanerin, zu der Silvio Berlusconi eine Freundschaft pflegte) und von der D’Addario (der Prostituierten, die zu Berlusconi in seine römische Residenz kam und darüber später bei der Staatsanwaltschaft aussagte), mehr als alle anderen. Wir machen uns natürlich Sorgen, der Anwalt ist gerade weggegangen (…), alle unterstützen mich. Ich habe gesagt, dass ich gerade mit Silvio gesprochen habe, und dass ich am Ende etwas in der Hand haben muss, dass er mir also fünf Millionen geben muss. Fünf Millionen dafür, dass mein Name in den Schmutz gezogen wurde.
Freundin: Was? Fünf Millionen?
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Nicole Minetti (ehemaliges Fotomodell, ehemalige Zahnhygienikerin Berlusconis, jetzige Abgeordnete von Berlusconis Partei im Regionalrat der Lombardei und Organisatorin von Berlusconis Hausparties, zu einer Freundin, die sie zum ersten Mal zu einem Abendessen mit dem Ministerpräsidenten in seiner Villa einlädt): Da sind alle möglichen, also Nutten, Südamerikanerinnen, die aus den Favelas kommen und kein Italienisch sprechen, dann ein paar ernsthaftere, und dann eben ich, ich mache das Übliche, verstehst Du (…), sei nicht schüchtern, es soll dir scheißegal sein.
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Freundin von Minetti zum Staatsanwalt: Nach dem Essen ging es weiter in einem Saal, eine Art Discothek, die Mädchen sagten „Jetzt gehen wir ins Bunga-Bunga“, da war so eine Stange für Lap-dance und ein paar Umkleidekabinen, in denen sich die Mädchen umziehen konnten. Nicole Minetti hat sich als Mann verkleidet (…) Der Abend besteht im Wesentlichen aus drei Teilen, dem Abendessen, dem „Bunga-Bunga“ und dem, wo einige Mädchen über Nacht bleiben.
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Freundin von Minetti zu ihrem Vater: Also, dass das vor allen stattfindet, hat mir schon zu denken geben. Um das jetzt mal höflich auszudrücken: ein Bordell.
Vater: Ich verstehe schon. Eine Orgie also.
Tochter: So etwas in der Art.
Vater: In der Art wie Hände zwischen den Beinen?
Tochter: Ja, so etwas.
Vater: Er auch?
Tochter: Nur er! Ich war so enttäuscht, ich hielt ihn für jemanden mit Niveau.
Vater: Na ja, ich weiß, aber bei so etwas sind alle Männer gleich.
Tochter: Schon klar, Papa, aber auf einem gewissen Niveau, von mir aus kannst du dir auch gleich fünf auf einmal nehmen, aber nicht solche Idiotinnen, von denen du nicht mal weißt, wer sie sind. Mich hat keiner nach meinem Ausweis gefragt.
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Iris, Stammgast von Berlusconis Parties, zu Imma, ebenfalls Stammgast : Schätzchen, es heißt, er will weniger Abendessen veranstalten, und dabei ist er schon so knickrig. Jetzt müssen wir anfangen, etwas bei ihm zu Hause zu klauen.
Iris: Wir müssen jemand anderes finden. Denn das, was Papi uns da gibt, ist ja nicht die Welt.
Iris: Der Alte nervt. (…) Bald können wir ihn alle am Arsch lecken.
Imma (lacht): Madonna.
Iris: Das ist die Gelegenheit, ich bringe ihn um, ich hau ihm eine Statue ins Gesicht.
Imma (lacht): Hör auf, ich kann nicht mehr!
Iris: Schätzchen, Scheiße, der will uns ohne etwas wegschicken!
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Eleonora: Ich habe einen sechsten Sinn für so etwas. Meiner Meinung nach ist er out.
Imma: Er ist fett geworden, hässlich.
Eleonora: Früher war er mehr in Form, jetzt ist er schon fast im Jenseits, hässlich ist er auch, er muss nur was locker machen.
Imma: Ja genau, er muss nur etwas locker machen. Ich schenke ihm einen Scheißdreck. Am Ende lacht er uns ins Gesicht.