Dank der Großherzigkeit des Goethe-Instituts Neapel und speziell dank des Engagements der Direktorin Maria Carmen Morese hatte ich Gelegenheit, mein Buch zum ersten Mal in Italien vorzustellen: Ich war überwältigt von dem Interesse und der Anteilnahme, die man meinem Buch in Neapel entgegenbrachte, in der Tageszeitung „Il Mattino“ waren Auszüge erschienen, die Zeitung „Il Roma“ berichtete ausführlich, und Franco Roberti, der leitende Oberstaatsanwalt der Antimafiaermittlungsbehörde war gekommen und sagte: „Organisierte Kriminalität wird vor allem im Ausland als ein Fremdkörper in der Sozialstruktur betrachtet – was jedoch überhaupt nicht der Fall ist. Bücher wie dieses, das wir heute Abend hier vorstellen, sind aus diesem Grunde so wichtig, weil sie dabei helfen, das Wissen über die Mafia zu verbreiten – eine Mafia, die vor allem vom Stillschweigen lebt und von der Ignoranz. Alles, was die Decke aus Schweigen durchbricht, ist hilfreich.“
Und dann waren da die beiden kleinen, feinen Damen, die sagten, dass sie mich mit einem Preis auszeichnen wollten. Wenn mir jemand sagt, dass er mir einen Preis geben will, werde ich schlagartig argwöhnisch. Ich vermute sofort, dass man mir auf diese Weise einen Staubsauger andrehen will oder ein Abo für zehn Kosmetikbehandlungen, von denen eine kostenlos ist. Deshalb reagierte ich mit Misstrauen, als mich die beiden kleinen Damen ansprachen.
Wir möchten Ihnen unseren Preis verleihen, insistierten sie und erklärten mir, dass es sich um den Preis einer Bürgervereinigung von Nocera handelt, einer kleinen Stadt in der Provinz Salerno, die den Premio Civitas verleihe, mit dem Frauen ausgezeichnet würden, die Engagement gegen die Mafia bewiesen hätten.
Sie machen die Deutschen auf die Mafia aufmerksam, sagten die beiden kleinen Damen, das ist Ihr Verdienst.
Und da hätte ich fast angefangen zu heulen.
Goethe zu danken ist eine ebenso noble wie lohnenswerte Geste, gerade, wenn man eine ebenso gesunde wie sympathische Skepsis gegenüber Staubsauger- oder Schönheitsfarm-Präsenten an den Tag legt…
Ich will nicht abschweifen, aber: Goethes Umgang mit den Geheimgesellschaften in Weimar wie in Italien, mag man denn auch gerade mit Blick auf die Genese des deutsch-italienischen Geheimbund/Mafia-Komplexes gar nicht hoch genug einschätzen. Und doch: Goethe bleibt als Minister und System-Repräsentant ein Mann, auch wenn zum Glück auch mancher Mann spannende Erkenntnisse zu seiner subversiven weiblichen Schreibe entwickelt hat (siehe Benjamin Bennett: Goethe as Woman)…
Spannender scheinen gleichwohl (wie immer) Gegenlektüren aus weiblicher Perspektive zu sein. Ich habe heute endlich Ihr Buch mit Muße zu lesen angefangen und dieses mit großem Genuß bis zum Kapitel „Don Pino“ gelesen. Was Sie aus sehr einprägsamen persönlichen „Miniaturen“ entwickeln, überzeugt mich gerade in der Anschaulichkeit, die nur jemand entwickeln kann, der neben der Theorie und dem Faktenwissen eben auch den Blick für die Anekdote und das Detail im Alltag besitzt, und die mir persönlich immer mehr bedeutet als eine trockene Geschichtsschreibung (damit wäre man im übrigen auch schon wieder beim „Historiographen“ Goethe in der „Farbenlehre“, aber das nur ganz am Rande…)
Diesbezüglich verdient etwa „Rosaria Schifani“ nicht nur Respekt aufgrund des Lebensschicksals dieser mutigen Frau, sondern auch die „Chronistin“ dieses Lebensschicksals verdient mehr als einen Staubsauger für die Prägnanz der „Inszenierung“ dieses Schicksals…
Kurzum: Einfach klasse. Nicht nur das WAS, sondern auch das WIE!
Wer, bitte, würde es wagen, Dir einen Staubsauger in die Hand zu drücken?
Gratulation zu dieser verdienten Auszeichnung und allen anderen Lobpreisungen auf Deiner Lesereise. Du hast jedes Kompliment verdient!