Neuwahlen gehören zu Italien wie Vorstrafen zu italienischen Parlamentariern. Anders als in Deutschland angenommen, sind die Neuwahlen jedoch keineswegs ein Zeichen von Wechselhaftigkeit, sondern vielmehr ein Ritual der Beständigkeit einer seit fünfzig Jahren herrschenden Politikerkaste. Es gibt hier seit dreißig Jahren keine neuen Gesichter in der Politik. Wer es geschafft hat, ins Parlament einzuziehen, bleibt im Parlament sitzen, bis er stirbt (Andreotti wird nie sterben). Hier schafft man es, einen Mann wie den Linksdemokraten Walter Veltroni, Bürgermeister von Rom und seit den siebziger Jahren im Politikgeschäft, als neu zu verkaufen. Weil er ein Newcomer ist, im Vergleich zum 90jährigen Giulio Andreotti. Selbst Berlusconi gelingt es hier, sich als neu zu verkaufen. Gestern Abend sah man ihn auf Rai Uno, in einer der Propagandashows der italienischen Parteien, die hier fälschlicherweise Talkshow genannt werden. Berlusconi plauderte mit einer Hofschranze, versprach Steuerleichterungen und steigende Gehälter und strich sich über sein frischverpflanztes Haar. Gegen die Mafia hilft uns die Justiz und die Polizei, sagte Santo Versace in einem Interview (leider nur auf Italienisch) mit dem Corriere della Sera, aber wer hilft uns, unsere politische Klasse zu bekämpfen?