Wenn man, so wie ich, nicht in einer Stadt, sondern in einem Themenpark wohnt (der während des letzten Wochenendes wegen Allerheiligen überfüllt war – weshalb es uns Veniceland-Statisten nicht vergönnt war, das Haus zu verlassen: Kaum versuchten wir die Tür nur einen Spalt breit zu öffnen, fielen Touristen in die Wohnung), ist man an einiges gewöhnt. Keine Idee ist zu durchgeknallt, als dass sie nicht irgendwann in Veniceland Gehör finden würde. Wo, wenn nicht in Veniceland hätte man Bauunternehmer ernst genommen, die davon träumen, so reich wie Mafiosi mit Drogenhandel zu werden, indem sie Tonnen von Zement in die Lagune von Veniceland versenken – und nicht nur dafür, sondern auch noch für den Erhalt des von ihnen versenkten Zements bis ans Ende ihrer Tage bezahlt werden wollen?
Wo, wenn nicht in Venedig, hat man Verständnis dafür, dass sich Millionen von Menschen nach dem Grusel sehnen, sich für die Dauer der Fahrt vom Hafen ins Meer an Bord eines Monsterschiffes endlich einmal wie die weiße Frau auf der Hand von King Kong zu fühlen – mit Blick herab auf Veniceland, eine Schneise der Zerstörung hinterlassend?
Was, wenn nicht Veniceland wäre der geeignete Ort für Sie, falls Sie alt und reich sind und davon träumen, sich ein Mausoleum in Form einer vierhundert Meter hohen Blumenvase bauen zu lassen, nach dem Entwurf der Diplomarbeit Ihres Neffen, eine Vase, von der aus Sie auf Venedig herabblicken können?
Angesichts all dieser Dilettanten war es eigentlich überfällig, dass sich endlich ein Spezialist der Sache annahm: Alberto Zamperla hat die Welt mit Themenparks von Coney Island über Gardaland bis nach Russland beglückt, er hat den Atommeiler Kalkar in ein Wunderland verwandelt, was war da naheliegender, als die Insel San Biagio, die einstige Müllinsel Venedigs, ebenfalls in einen Lunapark zu verwandeln? Mit Rutschen und Riesenrädern, Riesenbildschirmen und Touch Screen – man tippt drauf und befindet sich mitten in der Schlacht von Lepanto – das Ganze präsentiert und favorisiert nicht nur von der Regionalverwaltung, sondern auch von der renommierten Architekturfakultät Venedigs? Die für die Entwicklung des Themenparks zwei Dozenten zur Verfügung stellten – weil sie sich seit langem mit den Ursprüngen Venedigs und des Lebens Lagune beschäftigten, wie der Rektor der Fakultät verhieß? Denn schließlich handele es sich dabei um ein kulturelles Projekt.
Es geht doch nichts über Leute vom Fach.