Doch. Im Februar, nach den Wahlen, habe ich tatsächlich geglaubt, dass dies der Moment wäre. Was soll ich sagen: Ich bin unbelehrbar. Denn die Hoffnung auf das Entkommen aus der Endlosschleife hatte ich schon öfter. Wie die Italiener auch, werde ich zyklisch davon befallen. Schweres Krankheitsbild. Zuletzt war es im November 2011 der Fall, als B. (remember?) zurücktreten musste. Allerdings lagen da bereits gefühlte siebzig andere Momente falscher Hoffnung hinter mir, darunter auch zur Zeit des Bunga-Bunga-Skandals 2009, deshalb schrieb ich nur noch: „Nach dem Korruptionsskandal Anfang der neunziger Jahre haben sich die Italiener schon einmal so sehr für ihre käuflichen Politiker geschämt, dass sie sie mit Münzen bewarfen. Kurz darauf änderten sich zwar die Namen der Parteien, nicht aber die Gesichter. Der Wandel, der keiner ist, wird „Trasformismo“ genannt und hat hier eine lange Tradition. Italienische Politiker bleiben im Parlament sitzen, bis sie tot sind. Und manche sterben nie.“
Und jetzt? Niente. Was soll ich sagen. Die Schlüsselpositionen in der Regierung Letta sind von B. besetzt. Sein Buddy Angelino Alfano wurde Innenminister. Unter B. war er Justizminister. (Im Europaparlament sagte Beppe Grillo 2007 über Alfano: „Früher hat man Sprengstoff geschickt, um Staatsanwälte aufzuhalten. Heute reicht der Justizminister“) Als Ministerpräsident erinnert sich Enrico Letta, einst linksdemokratischer Staatssekretär unter Prodi und Neffe von Gianni Letta, dem langjährigen Staatssekretär und Schattenmann von B., natürlich nicht mehr an sein Geschwätz von gestern – an das „Berlusconi hat Italien ruiniert, nie werden wir uns an einer Regierung mit Berlusconi beteiligen“ oder: „Unser Feind ist Berlusconi“ oder „Die PD wird dafür sorgen, dass Berlusconi seinen Interessenskonflikt löst, wenn er wieder kandidieren will.“ Nie, nie, nie! Böser, böser B.! Und so weiter und so fort. Nachzulesen hier.
Mit dieser Regierung wird B. endgültig von all seinen Sünden reingewaschen werden – und seinem Traum, Staatspräsident von Italien zu werden, ein Stück näher rücken. Der linksintellektuelle Philosoph Paolo Flores D’Arcais sprach schon 2007 davon. Übertrieben? Nie? Nie? Nie? Wir sprechen uns noch. Die Wähler der PD sind unheilbar masochistisch.
Während die Minister der Regierung Letta vereidigt wurden, hat heute ein Mann zwei vor dem Regierungssitz stationierte Carabinieri niedergeschossen. Wie es aussieht, ist der Attentäter nicht geistig verwirrt. Sondern „nur“ ein normaler Italiener ohne Arbeit, der sagte: „Ich wollte einen Politiker treffen.“