Es war die Soziologin und Adornoschülerin Renate Siebert, die mich auf eine Feststellung von Theodor Adorno aufmerksam machte, die sie der Einleitung zu ihrem Buch „Im Schatten der Mafia. Die Frauen, die Mafia und das Gesetz“ voranstellte.
„Was objektiv die Wahrheit sei, bleibt schwer genug auszumachen, aber im Umgang mit Menschen soll man davon nicht sich terrorisieren lassen. Es gibt da Kriterien, die fürs erste ausreichen. Eines der zuverlässigsten ist, dass einem entgegengehalten wird, eine Aussage sei „zu subjektiv“. Wird das geltend gemacht und gar mit jener Indignation, in der die wütende Harmonie aller vernünftigen Leute mitklingt, so hat man Grund, ein paar Sekunden lang mit sich zufrieden zu sein. Die Begriffe des Subjektiven und des Objektiven haben sich völlig verkehrt. Objektiv heißt die nicht kontroverse Seite der Erscheinung, ihr unbefragt hingenommener Abdruck, die aus klassifizierten Daten gefügte Fassade, also das Subjektive; und subjektiv nennen sie, was jene durchbricht, in die spezifische Erfahrung der Sache eintritt, der geurteilten Convenus darüber sich entschlägt und die Beziehung auf den Gegenstand anstelle des Majoritätsbeschlusses jener setzt, die ihn nicht einmal anschauen, geschweige denken – also das Objektive.“
(aus: „Bangemachen gilt nicht. Minima Moralia.)
Ein Kommentar