Erst sah ich nur den Hund. Ein freundlicher Labrador, der begeistert neben einem Mann hochsprang, ganz so, als könne er nicht abwarten, dass nun endlich das Spiel losginge. Der Hund schnellte aus dem Stand hoch, federnd wie ein Gummiball. Er stellte sich auf die Hinterbeine, reckte sich zur Bühne hoch und steckte die Nase in Deko-Blumen und Plastikgrün. Er kroch freundlich wedelnd unter die Bühne und hinter die Lautsprecherboxen, und ich war kurz davor, ihn zu streicheln, weil er mir so sympathisch war.
Dann fiel mir auf, dass der Mann, der den verspielten Labrador an der Leine führte, nicht aussah wie einer der üblichen Besucher des Unità-Festes: kein Metallarbeiter im Sonntagsstaat, sondern ein Hüne im dunkelblauen T-Shirt, der wirkte, als käme er gerade aus einem Body-Building-Studio. Als er sich mit dem Hund von der Bühne entfernte, drehte er sich um, und ich sah den Schriftzug DIA auf dem T-Shirt, Direzione investigativa antimafia.
Später saß ich neben dem Antimafia-Staatsanwalt Antonio Ingroia auf der Bühne, um mein Buch „Santa Mafia“ vorzustellen. Ingroia ist der Staatsanwalt, dessen Anklage Marcello Dell’Utri in erster Instanz neun Jahre Haft wegen Unterstützung der Mafia eingebracht hat. Im Moment ermittelt Ingroia die „trattativa„, also die Verhandlungen zwischen der Mafia und dem Staat, die auf die Attentate auf Falcone und Borsellino folgten, beziehungsweise vorausgingen. Ingroia war einer der Schützlinge von Paolo Borsellino. Als Ingroia sprach, dachte ich wieder an den Hund. Und an die anderen Männer der Antimafia-Spezialeinheit der Polizei, die den Saal mit Metalldetektoren untersucht hatten – zwischen den Stuhlreihen, unter der Bühne, hinter den Lautsprecherboxen. Auf der Suche nach Sprengstoff.
Ich kann das immer noch nicht normal finden.